Viele freuen sich auf weniger Flüge (Leserbriefe TA)

Publiziert von VFSNinfo am
Grosse Reserve. Die Flughafenfreunde vergleichen das Resultat einer erfolgreichen Plafonierungsinitiative mit dem Grounding der Swissair. Welcher Hohn und welche Bauernfängerei.   Reduziert man die wirtschaftlich bedeutungslose Privatfliegerei (1,3 Passagiere/Flug), dann kommt Kloten dieses Jahr auf rund 220 000 Bewegungen. Und hinterfragen wir endlich den Hubanteil an Billigstfliegern, dann reicht die grosse Reserve an Flugbewegungen für das Volk, das fliegen will, und für alle Geschäftsleute, die unsere Wirtschaft ankurbeln. Auch das deutsche Pflänzchen Swiss kann weitergedeihen. Vielleicht genügen aber 16 statt 32 tägliche Flüge nach London. Sie wären erst noch rentabler.
ROSMARIE TSCHIRKY GOCKHAUSEN 


Wenig Arbeitnehmer. Die Argumente der Initiativbefürworter, alles durch Statistiken erhärtete Fakten, scheinen erfreulich gut zu greifen: Selbst die Flughafenangestellten glauben den leeren Drohungen der Luftfahrtlobby nicht mehr.
Wie sonst kann man sich erklären, dass von angeblich 192 000 vom Flughafen abhängigen Arbeitnehmern gerade mal drei Dutzend den Weg zu dieser doch etwas seltsamen «Demo» gefunden haben? Und das, obwohl der Organisator aufgefordert hatte, auch Verwandte und Bekannte mitzubringen, um einen eindrucksvollen Auftritt zu ermöglichen.
KLAUS NÄGELI, EBMATINGEN


Pietätlose Kampagne. Wie abgebrüht müssen Manager sein, wenn sie versuchen, von einem Schicksal ein zweites Mal Profit zu schlagen, welches sie selber verursacht oder von dem sie bereits profitiert haben. Mit dem Slogan «Ein Grounding ist genug» bekämpfen die Flughafenlobbyisten die Initiative für eine realistische Flughafenpolitik. Wenn man die Ursachen, die Schuldigen oder die Profiteure des Groundings kennt, wirkt der Kampf gegen eine längere Nachtruhe nur noch pietätlos. Swiss (bzw. Swissair), mit Milliarden von Steuergeldern gegründet und für nicht mal 100 Millionen nach Deutschland verkauft, überwies zwei Tage nach dem Grounding Dutzende von Millionen Schweizer Franken an die Flughafenbetreiberin Unique, obwohl nicht mal genügend Geld für die Personalkonten der firmeneigenen Depositenkasse vorhanden war. Swissair-Sachwalter Wüthrich hat folgerichtig ein Zivilverfahren gegen Unique eröffnet, um die widerrechtlich erhaltenen Gelder zurückzufordern. Während das Zivilverfahren gegen Unique wegen Gläubigerschädigung immer noch läuft, wirbt Unique-CEO Felder mit den Folgen des Groundings und will nun ein zweites Mal Profit schlagen. Die Lobbyorganisationen IG Flughafen und Komitee Pro Flughafen, mitverantwortlich für die desaströse Expansionspolitik der ehemaligen Swissair, haben nichts aus ihren verheerenden Fehlern gelernt und träumen bereits wieder von unbeschränktem Wachstum.
RALPH WEIDENMANN, NÜRENSDORF

 
Umsteigepassagiere. Es wird wieder gelogen, dass sich die Balken biegen. Der Abstimmungskampf ist eröffnet. Unique, Swiss und die gesamte Flughafenlobby versuchen den Bürger zu beeinflussen, damit die Flughafeninitiative abgelehnt wird. Nur halten sich die Protagonisten, wie Felder von Unique oder der deutsche Manager Franz von Swiss, nicht an die Wahrheit und widersprechen sich selbst in ihren Aussagen. Ein Beispiel: Vor zwei Monaten hatte Felder an der Halbjahrespressekonferenz die Aussage gemacht, dass das Schweizer Passagieraufkommen stagniere, jedoch die Umsteigepassagiere gegenüber dem Vorjahr stark zugelegt haben. An der gestrigen Veranstaltung in der Shopping-Mall des Airports tönten seine Aussagen wieder ganz anders. Er sagte, dass der Flughafen wachsen müsse, um die Bedürfnisse der Bürger decken zu können. Wie ist dies nun zu verstehen? Die Schweizer Fluggäste stagnieren, und trotzdem sollen dem Flughafen keine Schranken auferlegt werden, die sein Wachstum bremsen.
Für wen ist dieses Wachstum? Für Umsteigepassagiere, welche mit Schnäppchenangeboten geködert werden, um die Flugzeuge der deutschen Fluggesellschaft Swiss zu füllen und die Aktionäre der Unique zu befriedigen. Dies alles zu Lasten der Bevölkerung, welche Lärm und Schadstoffemissionen zu ertragen hat.
MAX SIEGEL, RIEDT-NEERACH

 
Begrenzt fliegen. Auch ich will fliegen und sage Ja zum Flughafen. Ich will wie schon heute auch in der Zukunft 125 000 Möglichkeiten haben, von Zürich aus in die Ferien zu fliegen oder an einen Geschäftstermin, und ich will 125 000 Möglichkeiten haben, auch wieder in die Schweiz zurückzukehren. Das reicht mir völlig, denn ich will auch, dass diejenigen Menschen, denen ich damit Lärm zumute, mit diesem Lärm einigermassen leben können, dass Kinder in der Nacht 9 Stunden schlafen können. Wo persönliches Wohlergehen der Menschen beeinträchtigt wird, muss privatwirtschaftliches Handeln begrenzt werden. Wenn dies zu einem Grounding führen sollte, zweifle ich an den Fähigkeiten der Flughafenmanager.
THOMAS KOCH, WINTERBERG 
 
 
Fünfer und Weggli. Mich erinnern die Kämpfer gegen den Fluglärm zuweilen an die Leute, die ins Zürcher Niederdorf oder ins Langstrassen-Quartier ziehen, weil sie gerne zentral wohnen und ihre Lieblingsbars und -klubs gleich vor der Haustür haben wollen, und sich dann über den nächtlichen Lärm auf der Strasse beschweren.
Keine Wohnlage hat nur Vorteile. Wer ins Niederdorf oder ins Langstrassen-Quartier zieht, dem ist das pulsierende Stadtleben wichtiger als die vollkommene nächtliche Ruhe. Ebenso ging ich davon aus, dass die Menschen, die in die Nähe des Flughafens ziehen, den Vorteil des preiswerten Wohnraums und der Nähe zum Arbeitsplatz höher gewichten als den Nachteil des Fluglärms. Die wissen ja schliesslich über den Fluglärm Bescheid, bevor sie dorthin ziehen. Verstehen Sie mich nicht falsch: Ich finde es richtig, dass etwas gegen den Fluglärm getan wird, so wie ich es auch richtig finde, dass nicht jeden Abend ein Niederdorf- oder Langstrassen- Fest stattfindet. Aber ich bin der Meinung, dass in dieser Hinsicht heute schon genug getan wird. Der Flughafen Zürich ist zum Beispiel der einzige Interkontinentalflughafen Europas mit einer totalen Nachtflugsperre.
SIBYLLE WASSERFALLEN, ZÜRICH
Kommentar VFSN: Wir Schneiser sind nicht in den Fluglärm gezogen. Ganz im Gegenteil, der Fluglärm kam über Nacht zu uns. Seit 1499 Tagen versucht die Fluftfahrtlobby vergeblich zu beweisen, dass dieser Vorgang legal war: Eine unglaubliche Geschichte - Chronologie der Südanflüge

Tages-Anzeiger, 08.10.2007, Seite 22


siehe auch:
Ein Grounding ist genug! (VFSN)
Kampagne der Flughafenlobby kommt sehr schlecht an (Leserbriefe TA)
Die Argumente der Befürworter greifen (Leserbriefe ZOL)
«Die Bevölkerung will fliegen» (TA)