Streit um Zürcher Fluglärm-Index, TA vom 25., 26. und 28. 08.06
Lärmlose Flugzeuge verbieten.
Der zahnlose Fluglärm-Index (ZFI), den Regierungsrätin Rita Fuhrer nicht versteht, aber uns wärmstens empfiehlt, ist nicht nur tragisch, weil er der Bevölkerung ausser mehr Lärm gar nichts bringt, sondern weil er auch die Diskussion auf eine Ebene verlagert, auf die sie eigentlich gar nicht gehört. Südanflüge verstossen gegen Raumplanungs- und Umweltschutzgesetz, sind unter Anwendung von unbefristetem Notrecht und unter Angabe von unüberprüfbaren Daten (angeblicher wirtschaftlicher Schaden, geschätzt durch den Flughafen) eingeführt worden. Selbst wenn Flugzeuge keinen Lärm machen würden, wären sie [die Südanflüge] deshalb zu verbieten.
LUKAS RIST, GOCKHAUSEN
Menschen sind Massstab.
So, so, nur 47\'000 Personen sollen also stark gestört werden. Und wo bitte wohnen diese 47\'000 Menschen? Und wer bestimmt, was stark und weniger stark gestört ist? Etwa die Experten, die komplizierte Formeln entwerfen und mathematisch bestimmen, was überhaupt Lärm ist? Die Menschen sind es, die Menschen und ihre subjektive Wahrnehmung sollten der Massstab sein in diesem Land. Wo vorher absolute Stille war, stört jedes überfliegende Flugzeug. Wer wegen der Stille in eine abgelegene Gegend zieht, nimmt Nachteile in Kauf wie längeren Arbeitsweg, weniger Infrastruktur, höheren Steuerfuss. Wenn dann von einem Tag auf den anderen An- und Abflugwege über solche Gebiete gelegt und diese neu belärmt werden, ist das ganz einfach staatliche Willkür. Diese soll mit dem abgehobenen und intransparenten Zürcher Fluglärm Index zementiert werden.
ERNST MEILI, ESCHLIKON TG
Andere Länder, andere Werte.
Es ist einmal mehr bezeichnend: Die deutsche Regierung schützt einige Dutzend Süddeutsche per einseitige Verordnung vor Fluglärm. Bei uns wird auf dem Buckel von vielen Zehntausend Betroffenen über einen Fluglärm-Index gestritten.
ERWIN MÜRI, FELDMEILEN
Das System torpediert sich selber.
Bei Unique klingeln die Kassen. Dies ist hauptsächlich auf eine Zunahme des Anteils Transitpassagiere zurückzuführen. Diese Strategie dient in erster Linie dem Shoppingcenter Flughafen und nicht der Mobilität und Wirtschaft der Schweizer Bevölkerung. Nicht für die Anbindung an die Welt, sondern für ein Drehkreuz eines profitorientierten, privatwirtschaftlichen Unternehmens, das notabene staatlich subventioniert wird, jagt man uns immer mehr Flugzeuge über die Köpfe.
Die Mär vom wohltätigen Wirken zu Gunsten unserer Volkswirtschaft ist damit wohl endgültig entlarvt. Den Nutzen dem Unternehmen, die Lasten trägt die Bevölkerung. Dazu kommt: Durch den internationalen Terror erfährt das Shopping gerade in letzter Zeit massive Einschränkungen. Das wird wohl auch in Zukunft so bleiben. Bereits verkünden gewisse Dutyfree-Shopping-Ketten Gewinnwarnungen, da sie offenbar Umsatzeinbrüche befürchten.
Das System torpediert sich selber, und wir bleiben zurück mit leer stehenden Bauruinen von Shopping-Tempeln, für die wertvolles Land geopfert wurde. Diesen Raubbau an unseren Ressourcen Ruhe, Gesundheit und Natur dürfen wir nicht mehr länger hinnehmen. Eine Beschränkung der Flugbewegungen gegen ungebremstes Wachstum, das Einzelnen, aber nicht der Gesellschaft als Ganzes dient, tut Not.
ERIKA BLEISCH IMHOF, BALTERSWIL
Mathematisches Meisterwerk.
Der Zürcher Regierungsrat – allen voran Rita Fuhrer – bevorzugt immer noch eine Flughafenpolitik, welche gegen die Bevölkerung spricht! Wir haben ein mathematisches Meisterwerk (?) mit einem so genannten AsgP-Richtwert von 47\'000 Menschen präsentiert erhalten. Zu der Expertengruppe gehörte auch der Lärmforscher Carl Oliva (Studienautor 1998 zu «Belastung der Bevölkerung durch Flugund Strassenlärm»), welcher sich zur Berechnung kritisch äussert. Gemäss seinen Aussagen ist dieser Richtwert keine wissenschaftlich geeichte Grösse. Es geht zu 100 Prozent um Schätzungen, und eine Standardabweichung ist ebenfalls nicht bekannt. Die Kritik des Lärmforschers wurde leider nicht aufgenommen, und somit steht der Regierungsrat leider weiterhin auf wackligen Füssen. Hofft man dort – als Verwaltungsratsmitglied der Unique – auf den so genannten Serendipity-Effekt? Der Richtwert von 47 000 Menschen ist nicht greifbar (anscheinend auch für Rita Fuhrer nicht!), denn 40 000 Menschen wohnen alleine schon in Opfikon, Schwamendingen und Umgebung!
Demzufolge hat man ab Zürich-Gockhausen und weiter weg vom Flughafen akzeptablen Fluglärm! Wie egoistisch und kaltblütig! Der Gegenvorschlag der Regierung überzeugt absolut nicht – deshalb halten wir neu von Fluglärm Betroffenen an der Initiative «Für eine realistische Flughafenpolitik» (= 250\'000 Flugbewegungen pro Jahr) fest. Dieser Richtwert ist nämlich für jeden Bürger greifbar!
ANDRE EIGENMANN, EBMATINGEN
Bravo Unique.
Der Flughafen Zürich ist auch ein Shoppingcenter, ist ein Eventdock, ist ein Restaurant . . . Die Flughafenbetreiberin Unique schliesst das erste Halbjahr 2006 mit einem Glanzresultat ab. Die Zürcher und Schweizer Wirtschaft boomt wie lange nicht mehr und dies alles bei weiter abnehmenden Flugbewegungen. Die Mär vom grossen volkswirtschaftlichen Schaden bei einer Plafonierung bei 250 000 Flugbewegungen, verbreitet von Rita Fuhrer, der Zürcher Regierung und der Luftfahrtlobby, wurde von Unique widerlegt. Im Gegenteil lässt sich bei einer Plafonierung in den betroffenen Gebieten von der deutschen Grenze bis in das Zürcher Oberland wieder normal leben, die Regierung hat endlich wieder Zeit, sich voll für die Bevölkerung einzusetzen, und die Zürcher Unique AG kann weiter erfolgreich unseren Zürcher City-Flughafen betreiben. Bravo Unique.
CHRISTIAN VÖGELI, RÜMLANG
TA, 29.08.06, Seite 23
Laute Worte zum Lärm-Index
Gestörte Menschen.
Es ist schon ein starkes Stück, wenn Regierungsrätin Rita Fuhrer (SVP) von einer «weiteren Pionierleistung in der Lärmbekämpfung» spricht. Schon der Ansatz für die Berechnung ergibt grösste Zweifel an der Tauglichkeit ebendieser. Im Jahr 2000 wurden über 150\'000 Anflüge über Deutschland abgefertigt. Die 325\'000 Flugbewegungen aus jenem Jahr nun einfach als Basis für die Fluglärm-Berechnung zu nehmen, ist eine Arroganz sondergleichen. Gegenüber dem heutigen Zustand heisst das, dass noch weitere, mindestens 60\'000 Flugbewegungen über die Region Zürich (gemeint sind hier auch die angrenzenden Kantone) verteilt werden müssen, bis die Formel der 47\'000 stark gestörten Menschen überhaupt zur Anwendung kommt. Mit so einer intransparenten, bevölkerungsverachtenden Lärmberechnungsformel, die Frau Fuhrer selber nicht versteht, will sie nun auf Tournee gehen und das Vertrauen der Bevölkerung zurückgewinnen? Da bleibt der Bevölkerung mit der Flughafeninitiative ein sehr transparentes Mittel, das zudem auch für Frau Fuhrer verständlich ist. Flugbewegungen können gezählt und die Nachtruhe mit der Uhr gemessen werden. So könnte Frau Regierungsrätin Fuhrer, wenn ihr überhaupt daran liegt, das verlorene Vertrauen der Bevölkerung zurückgewinnen.
URS DIETSCHI, WIESSLINGEN
Erschreckende Zahl.
Mich erschreckt die Ungeheuerlichkeit der Zahl 47\'000. 47\'000 schwer betroffene Personen gelten als akzeptierbar, als Preis für einen rentablen Flughafen und eine florierende Wirtschaft. Zudem umfassen die 47\'000 gemäss Akustiker Robert Hofmann nur die stark Betroffenen; die Zahl der ziemlich stark oder mittelstark Betroffenen dürfte noch einiges höher liegen. Eine Stadt mit 47\'000 Einwohnern käme in der Schweiz an elfter Stelle hinter Biel.
Würde man sich getrauen, eine kompakte Stadt von 47\'000 Einwohner derart mit Lärm, Schadstoffen, Absturzgefährdungspotenzial und Wertevernichtungen zu belasten? Aber mit 47\'000 Einwohnern in unterschiedlichen Ortschaften mit unterschiedlichen Interessen ohne gemeinsame Vertretung kann man problemlos so umgehen. Für mich zeigt alleine diese Zahl von 47\'000 die Arroganz der Regierung, insbesondere von Frau Fuhrer, gegenüber der betroffenen Bevölkerung.
FRANZ WETTSTEIN, GOCKHAUSEN
TA, 30.08.06, Seite 23
«Tages-Anzeiger» vom 8.9.2006, Seite 25
Mathematische Höhenflüge
Südschneiser lachten Rita Fuhrer aus, TA vom 7. 9.
ZFI=HA+HSD (Die ganze, viel längere Formel findet man im Internet). Verstehen Sie, was das heisst? Etwas Komplizierteres hätte man sich nicht ausdenken können, um herauszufinden, ob Menschen vom Fluglärm gestört werden. Nun tourt Regierungsrätin Rita Fuhrer durch den Kanton, um den Leuten zu erklären, was sie selber nicht versteht. Und einer der wenigen, die es verstehen, äussert sich klar: «Die Formel ist nicht nur kompliziert, sondern untauglich! » Ich bin aber anderer Meinung.
Mit solchen Formeln kann man doch alles berechnen, was man will. Man muss sich nur vorstellen, welche Möglichkeiten man damit hat. Ist doch genial, oder? Ich stelle nun der Schweiz gratis eine Formel zur Verfügung, mit der man berechnen kann, wie viel die Swiss den Steuerzahlern (nicht den Aktionären) von ihrem Gewinn abgeben wird, um die Millionenstarthilfe zurückzuzahlen: SSKR = 0 x G x Rü (SSKR = Swiss-Startkapital-Rückzahlung). Sie merken, meine Formel ist viel einfacher! Ich verstehe sie trotzdem nicht, bin aber ähnlich wie Frau Fuhrer begeistert von den Möglichkeiten, die sich damit ergeben. Gesucht sind nun weitere Formeln, zum Beispiel zur Gewinnberechnung für 2013 des Unique-Airport-Shoppingcenters, des einzigen Shoppingcenters mit Flughafen. Oder eine Formel, um zu berechnen, in welchem Jahr die Süddeutschen wieder mehr Zürcher Fluglärm möchten und um mehr Fluglärm betteln
MARKUS BLEIKER, STADEL
Im Tages-Anzeiger nicht publiziert - dafür hier:
ZFI: Schwammige Massnahmen
Die vom Regierungsrat ins Auge gefassten Massnahmen gegen eine Erhöhung der Anzahl fluglärmbelästigter Personen sind in jeder Hinsicht zu schwammig. Die aufgelisteten Massnahmen wie die Einflussnahme durch Raumplanung, Vorsprachen beim Bund oder Mitsprache über den Verwaltungsrat der Flughafen Zürich AG könnten ausnahmslos bereits heute zur Abschaffung der Süd- und Ostanflüge ergriffen werden und stellen keine Neuigkeit dar. Im Gegenteil, der Kanton hat bisher im Bereich gerade dieser vorgeschlagenen Massnahmen gerne auf seine mangelnde Zuständigkeit und die Bundeskompetenz verwiesen. Wie er nun die Einhaltung des von ihm vorgeschlagenen Richtwertes plötzlich doch sicherstellen will, bleibt insbesondere hinsichtlich des Erfolges und Zeithorizonts unklar. Und eine entscheidende Frage blieb seitens der Regierung unbeantwortet: Würde der ZFI heute zur Anwendung kommen, wären dann in der Süd- und Ostschneise die Anzahl belästigter Personen zu hoch und müssten entsprechende Massnahmen ergriffen werden? Gespannt warten wir auf die Antwort vor dem Abstimmungstermin.
Urs R. Dumermuth, 8708 Männedorf
Ein Nichtentscheid
Schneiser verlieren, TA vom 31. 8.
Wer hat etwas anderes erwartet als einen so genannten Nichtentscheid!? Das bedeutet eine Niederlage für die Südanflug-Gegner. Schade, dass auch die oberste rechtliche Instanz den Bürger im Rechtsstaat Schweiz weiterhin im Ungewissen stehen lässt. Dies spricht absolut gegen Treu und Glauben und widerspricht der Vertrauensförderung! Warum existieren wohl so viele Flughafeninitiativen? Die Bürger und Bürgerinnen haben es satt und möchten endlich Taten sehen. Es ist fünf nach zwölf!
ANDRE EIGENMANN, EBMATINGEN
siehe auch:
Die Alternative zur Verwirrformel: Flughafeninitiative JA
Aus AsbP wird ZFI – eine Pionierleistung in der Fluglärmproblematik (Medienmitteilung VFSN)
Rita Fuhrers «Verwirrformel» (Leserbriefe TA)
Gegenvorschlag des Regierungsrates zur Plafonierungsinitiative (Medienmitteilung des Regierungsrates)
Dieser Richtwert ist inakzeptabel (Initiativkomitee)
Skepsis gegenüber Fluglärm-Index überwiegt (NZZ)
Regierung setzt auf Fluglärm-Index (TA)
Ein Beispiel nicht zu übertreffender Transparenz (Bild des Monats: August 2006)
Weshalb der Index ist, wie er ist (TA)
Indexierter Fluglärm (Leserbriefe TA)
«Lex Bäumle» zeigte Wirkung (ZOL)
Zürcher Fluglärm-Index als Gegenvorschlag ungeeignet (Fluglärmforum Süd)
«Die Probleme sind nicht gelöst» (Sonntagszeitung)