Zürich startet trotz Plafonierung durch (Leserbriefe TA)

Publiziert von VFSNinfo am
Weniger Flüge, mehr Erwerbstätige. Die Flughafenlobby hat via «Lebendiges Zürich» wieder einmal zur Märchenstunde gerufen und alte, längst widerlegte Gruselmärchen zum Besten gegeben. Auch teuerste Studien und treuherzige Beteuerungen der Flughafenlobby werden bei einem Blick in die amtlich beglaubigten Statistiken zum Märchen:   Seit dem Jahr 2000 haben wir über 53 000 Bewegungen (Linien und Charter) weniger.
Wenn die Horrorszenarien des Komitees «Lebendiges Zürich» stimmen würden, müssten wir längst ein Volk von Obdachlosen sein. Sind wir das? Im Gegenteil, wir sind ein Volk von Arbeitswütigen, seit 2000 hat die Anzahl der Erwerbstätigen im Kanton Zürich um rund 100000 zugenommen. Wie erklärt sich das Komitee diese auch durch teure Studien nicht zu widerlegende Fakten?
KARSTEN ROHWEDER, EGG


Abwehrkampf. Aufgescheucht durch das Wirtschaftskomitee Pro Flughafeninitiative und Leserbriefe mit sackstarken Argumenten für die Flughafeninitiative, schiesst jetzt die Flughafenphalanx aus allen Rohren. Nur ist die Munition schon abgedroschen. Es sind wieder dieselben Argumente, mit denen man bereits die Politik vertrat, welche die Swissair in den Ruin führte, weil man die Grenzen der Schweiz im Luftverkehr nicht sehen wollte. Das Gedeihen der Schweizer Wirtschaft hängt nicht vom Flughafen ab. Die Abhängigkeit ist umgekehrt. Der Luftverkehr ist die konjunkturabhängigste und gleichzeitig die krisenanfälligste Branche.
Selbst der starke Rückgang der Flugbewegungen nach der SwissairPleite hat keinen Wachstums- und Beschäftigungseinbruch zur Folge gehabt, nicht einmal im Kanton Zürich. Keine ausländische Firma ist weggezogen, auch nicht aus Genf, als dort Mitte der Neunzigerjahre alle interkontinentalen Direktverbindungen wegfielen. Etliche sind sogar neu zugezogen.
Die Entwicklung der Schweizer Wirtschaft ist nicht abhängig von möglichst viel Luftverkehr, sondern von der Qualität ihrer Produkte und Dienstleistungen. Für deren Vermarktung auf dem Weltmarkt reicht die Kapazität von 250 000 Flügen in Kloten, wie sie für der Ausbau des Flughafens vorgesehen war, auch in Zukunft völlig aus, wenn man den umfangreichen wirtschaftlich nicht relevanten Flugverkehr entsprechend einschränkt. Mehr Flüge beeinträchtigen nur die Pünktlichkeit, auf die Geschäftsleute in der Regel mehr Wert legen als auf möglichst viele Direktverbindungen.
WALTER BECKMANN, USTER

 
Kein Probleme für den Tourismus. Das Komitee für ein lebendiges Zürich behauptet, dass bei einer Annahme der Plafonierungsinitiative unseren Touristen aus Übersee die Tür vor der Nase zugeschlagen wird und suggeriert damit, dass bei einer Nachtruhe von 9 Stunden überhaupt keine Interkontinentalflüge mehr stattfinden können. Ein Blick in den aktuellen Flugplan zeigt Folgendes: Sämtliche Flüge von und nach Nordamerika kommen nach 7 Uhr an und starten vor 22 Uhr, sind also nicht betroffen.
Betroffen sind 4 Destinationen in Asien, deren Flüge vor 7 Uhr ankommen, und eine Verbindung nach Südamerika, die nach 22 Uhr in Zürich startet. Es betrifft also nur rund 0,5% aller Bewegungen. Von den wichtigen Destinationen Tokio und Seoul kommen alle Flüge am frühen Abend an. Von Bangkok und Singapore gibt es auch Anflüge, die nach 7 Uhr in Zürich eintreffen.
Es müssten also die Flüge von nur zwei Destinationen aus Asien ein paar Minuten später starten und ein Flug nach Südamerika 40 Minuten früher in Zürich abfliegen, und die Tür zur Schweiz stünde unseren Touristen auch mit einer Ruhezeit wieder sperrangelweit offen.
WALTRAUD BORSODI, EGG

 
Ökologischeres Fliegen.
Mit dem Namen «Komitee lebendiges Zürich» kann man vieles assoziieren. Dahinter steht eine Koalition aus SVP- und FDP-Vertretern, welche uns weismachen will, dass es für eine florierende Wirtschaft uneingeschränkten Flugverkehr braucht. Dem ist nicht so. Aktuell prosperiert die Schweizer Wirtschaft, und die Flugbewegungen pendeln sich bei rund 250000 ein. Eine Plafonierung wird keine negativen Folgen mit sich bringen. Im Gegenteil. Man wird die Flugbewegungen ökologischer organisieren müssen. Wenn beispielsweise statt wie heute 1,3 Personen 4 Personen in einem Privatjet fliegen würden, könnten 30 000 Flugbewegungen eingespart werden. Im 2007 kommt es auf dem Flughafen Zürich zu knapp 220000 Flugbewegungen (Linie und Charter).
Und eine Frage an die Freunde des «unbegrenzten Wachstums»: Was hat die Schweizer Wirtschaft davon, wenn der Flughafen ein Drehkreuz der Billigfliegerei ist?
ELISABETH MÜLLER, ZÜRICH

Tages-Anzeiger, 18.09.2007, Seite 21, Leserbriefe zum Artikel «Ein ruinöser Wachstumskiller», TA vom 15. September

Medienkonferenz des Komitees Lebendiges Zürich: Flughafen Zürich vor Weichenstellung


siehe auch:
Das Aviatik-Horrormärchen (Leserbriefe ZSZ, 07.09.2007)
Die DVO zwingt zur Plafonierung (Leserbriefe ZOL, 07.09.2007)
Zahlensalat der Luftfahrtlobby (Leserbriefe ZSZ, 19.09.2007)
Alte Unwahrheiten in neuer Verpackung (Leserbriefe ZOL, 20.09.2007)