Heute Freitag geht der Schweizer Diplomat Tim Guldimann in Pension. In seiner Zeit als Botschafter in Berlin hat er die Lösung im Steuerstreit zwischen den beiden Ländern miterlebt. Der Fluglärmzwist indes bleibt auch nach seinem Abgang virulent.
«Das Grundproblem ist, dass im süddeutschen Raum das Vertrauen in die Schweizer Seite und den Flughafen zerstört ist», sagte Guldimann in einem Interview mit dem «Tagesanzeiger» und dem «Bund» vom Freitag. Das sei seit 20 Jahren so. «Und wir haben uns in der ganzen Zeit zu wenig bemüht, dieses Vertrauen wiederherzustellen.»
Für deutsche Regierung «nicht wichtig»
Der Staatsvertrag, den Verkehrsministerin Doris Leuthard 2012 mit ihrem deutschen Amtskollegen Ramsauer ausgehandelt habe, sei in der Folge «der Öffentlichkeit zu wenig koordiniert erklärt» worden, sagte Guldimann. Es sei nicht gelungen, klar zu vermitteln, «dass der Staatsvertrag im Vergleich zum Status quo die Lärmbelastung über deutschem Gebiet reduziert».
So habe sich eine «regionalpolitische Überbietungsdynamik» entwickeln können, Politiker aus Baden-Württemberg hätten in der Sache gemeinsam Stuttgart bedrängt, das sich seinerseits von Berlin hintergangen fühle. Daher sei die deutsche Seite nicht mehr bereit gewesen, den Vertrag in Kraft zu setzen. Komme dazu, dass der Fluglärmstreit für die deutsche Regierung «nicht wichtig» sei.
«Man spürt die Sorge»
Von Bedeutung im Bezug auf die Schweiz seien in Berlin andere Themen. Etwa die Personenfreizügigkeit und die «gefährdete Schweizer Beteiligung am Binnenmarkt». Denn «unsere Beziehung zur Europäischen Union ist ja vor allem eine Beziehung zu Baden-Württemberg». Hier bestehe ein eng verflochtener Wirtschaftsraum, sagte der 64-jährige Guldimann, der seit 2010 als Botschafter in Berlin tätig war.
Die Abstimmung zur Zuwanderungsinitiative stelle für Deutschland nun infrage, ob weiterhin ein gemeinsamer Binnenmarkt bestehe. «Man spürt die Sorge vor allem in Baden-Württemberg, aber auch in Berlin.»