"Lärm, Kapazität und Sicherheit" sind die drei Kriterien nach denen Betriebssysteme beurteilt werden. Dass zwischen diesen Kriterien starke Abhängigkeiten bestehen und sich diese gegenseitig beeinflussen ist unbestritten. Der Vorschlag im TA, 07.12.12, einfach mehr Menschen mit Fluglärm zu belästigen bewirkt keine Zunahme der Sicherheit, sondern genau das Gegenteil.
Im Strassenverkehr ist sich jeder Autofahrer und Passagier bewusst, dass er sich während der Fahrt einem gewissen Risiko aussetzt. Das Gleiche gilt auch für die Fliegerei. Unfälle beim Fliegen wie auch auf der Strasse sind in der Regel nicht auf ein technisches, sondern auf ein menschliches Versagen zurück zu führen. Um die Auswirkungen solcher Fehler klein zu halten, geniesst der Schutz von Unbeteiligten im Strassenverkehr hohe Priorität. Für die Aviatik gelten jedoch unbeteiligte Opfer am Boden immer noch als Kollateralschaden und "gesellschaftlich akzeptiertes Risiko"[1].
Es ist zu hoffen, dass dank der von TA geschaffenen Aktualität, bei der Aviatik in dieser Hinsicht bald ein Umdenken stattfindet.
Da Flugzeuge in der Regel "vom Himmel fallen" besteht der wirksamste Schutz der unbeteiligten Bevölkerung am Boden darin, dass sie nicht überflogen wird. Soll also die Sicherheit erhöht werden, sind Flugrouten so zu legen, dass sie über möglichst wenig Menschen führen. Dies gilt speziell für Landungen, erfolgen doch da mit 60% die meisten aller Flugunfälle (Start: 30%, Reiseflug:10%).
In Anbetracht dieser Tatsachen ist es zwar fiskalpolitisch verständlich, aber aus Risikosicht unverantwortlich, dass Gemeinden wie Kloten oder Bassersdorf, den Bau von Ein- und Mehrfamilienhaus-Siedlungen unter der Anflugachse seit Jahren genehmigen. Umso lauter fordern diese Gemeinden eine "gerechte Verteilung" des Fluglärmes und bauen munter weiter! 60% Wahrscheinlichkeit, dass ein Flugunfall bei der Landung statt findet - damit kann ein Südkonzept nie der sicherste Anflug sein. Gemäss Risikoanalyse von Bienz, Kummer&Partner[2] ist das Kollektive Risiko für die Bevölkerung im Süden 18 mal höher als im Norden, dasjenige im Osten 8 mal höher als im Norden.
Der Artikel im TA vom 8.12.2012 widmet sich schwergewichtig den sich kreuzenden Pisten und den dazugehörenden An- und Abflugverfahren. Dabei stehen explizit die sechs von BAZL im Oktober präsentierten Flugregimes in der Kritik.
Der Artikel im TA vom 8.12.2012 widmet sich schwergewichtig den sich kreuzenden Pisten und den dazugehörenden An- und Abflugverfahren. Dabei stehen explizit die sechs von BAZL im Oktober präsentierten Flugregimes in der Kritik.
Warum werden dann in der TA-Grafik die grössten Gefahren der "heute betriebenen Konzepte" dargestellt und nicht diejenigen der in der Kritik stehenden Konzepte? Warum wird in der Grafik das Südkonzept falsch und irreführend dargestellt? Warum wird beim Nord- und Ostanflug Rückenwind als Gefahr bezeichnet? Tatsache ist, dass Skyguide das Anflugsystem wechselt, sobald der zulässige Rückenwind überschritten wird.
Warum wird der Ostanflug als "steiler als Norm" bezeichnet? Gemäss ICAO soll der Anflugwinkel bei einem ILS Anflug zwischen 3.0 -3.5 Grad liegen. Der Anflugwinkel beim Ostanflug ist gleich wie beim Südanflug (gem. TA keine Gefahr) und beträgt 3.3 Grad. Ofensichtlich wurde der TA einseitig und unqualifiziert informiert.
Was unterscheidet die heutigen Konzepte von denen die im Oktober präsentiert wurden und Gegenstand der Kritik sind?
Das Ostkonzept ist "ertüchtigt" mit einer Verlängerung der Piste Richtung Westen und Rollwegen die am Ostende ein Umfahren der Landepiste ermöglichen. Gleichzeitig finden keine Südlandungen statt und Starts erfolgen nach Norden. Damit sind alle wichtigen Gefahrenpunkte eliminiert, da mit dem ertüchtigten Ostkonzept ein wirklich kreuzungsfreier Flugbetrieb geschaffen wird.
Beim Südkonzept bleiben jedoch die Gefahrenpunkte der sich kreuzenden Pisten weiterhin bestehen.
Dasselbe gilt für die Rollwege, die die aktive Piste 34 kreuzen.
Betracht man die Eingangs erwähnten Aspekte der Sicherheit für Unbeteiligte, fällt die Bilanz für das ertüchtigte Ostkonzept noch positiver aus. Die Landungen betreffen ein Gebiet das deutlich weniger besiedelt ist als dies beim Südkonzept der Fall ist und die Starts führen nicht mehr über Opfikon-Glattbrugg und Schwamendingen, sondern über kaum besiedelte Gebiete im Norden.
Auch wenn die Artikelserie des Tages Anzeigers das Thema Sicherheit nur unvollständig und teilweise tendenziös angeht, zeigt sich doch bei entsprechender Vertiefung klar, dass Pistenverlängerungen ein absolutes MUSS sind um die Sicherheit am Flughafen Zürich zu erhöhen. Wenn dem Flughafen oder BAZL eine Frage zu stellen ist, dann die, warum die Ertüchtigung der Ostpiste nicht schon lange erfolgt ist.
[1] BAZL Information 06-03
[2] Vergleich der An- und Abflugvarianten auf dem Flughafen Unique anhand der Absturzrisiken für die Bevölkerung, 2002
VFSN, 09.12.2012
Dem Tages Anzeiger sei Dank (PDF, 1.2MB)
siehe auch:
Informiert der Tagesanzeiger bewusst falsch? (VFSN)
«Es geht nicht um Sicherheit, sondern um Lärmverteilung» (Leserbriefe TA)
Der VFSN erwartet Klärung durch das CASO (VFSN)