Das Interesse am Podiumsgespräch, das der «Tages-Anzeiger» zusammen mit der «Stuttgarter Zeitung» organisierte, war gross. Vertreter von Bürgerorganisationen aus der Schweiz und aus Deutschland waren da, Lärm-Geplagte von diesseits und jenseits des Rheins, Medien aus beiden Ländern. Die 300 Plätze im Kaufleuten waren schnell besetzt. Was folgte, waren eineinhalb kurzweilige Stunden: höflich, mit einer Prise Humor, ein paar Lösungsvorschlägen, aber auch viel gegenteiligen Meinungen. Obwohl die Politiker das erste Mal direkt miteinander diskutierten, waren die Standpunkte bekannt. Elmar Ledergerber hatte seine Sicht der Dinge Anfang Februar in einem offenen Brief, den er in mehreren Zeitungen veröffentlichte, nochmals dargelegt. Er habe damit eine Versachlichung der Diskussion erreichen wollen, sagte er gestern auf eine entsprechende Frage von Moderator Wolfgang Messner von der «Stuttgarter Zeitung». Man müsse über die Fakten reden - und das tue man nun endlich. Tilman Bollacher wäre es allerdings lieber gewesen, der Stadtpräsident wäre direkt zu ihm gekommen.
In der Frage, in welchem Mass Zürich und der südliche Schwarzwald vom Flughafen profitierten respektive wie sehr die Bevölkerung vom Fluglärm betroffen ist, waren sich die Politiker erwartungsgemäss völlig uneinig. Auch Zahlen und Folien halfen nicht. Ledergerber schlug Bollacher in der Folge vor, diese Fragen nach Lasten und Nutzen von unabhängiger Seite analysieren zu lassen. Doch davon hielt der Waldshuter Landrat wenig, wie er auf Nachhaken von Peter Hartmeier, Chefredaktor des «Tages-Anzeigers», sagte: Auch mit einem Gutachten würde man jahrelang weiter streiten. Es brauche vielmehr konkrete Vorschläge der Schweiz, wie der Flughafen mit den heutigen Einschränkungen von deutscher Seite betrieben werden könne. Deutschland müsse wissen, was für Pläne der Flughafen habe. «Wir sind bereit, einen Teil des Lärms zu tragen - aber die Sperrstunden sind nicht antastbar.»
«Eindimensionale Politik»
Mit dieser Einstellung vergebe er die Chance zur Entwicklung einer ganzen Region und betreibe «eine eindimensionale Politik», warf Ledergerber Bollacher vor. Dieser verwies auf den für die Gegend so wichtigen Tourismus, der «keinen Fluglärm verträgt». Ledergerber spiele konstant die Belastung des südlichen Schwarzwalds herunter und zerstöre dadurch Vertrauen. Der deutsche Landrat wollte auch nichts von einer Paketlösung oder von Ledergerbers Vorschlag wissen, sich am Flughafen zu beteiligen. «Das bringt unserer Bevölkerung nicht mehr Ruhe.» Bis zum Schluss blieb, trotz vieler Lacher auf dem Podium und im Publikum, vor allem Skepsis: Zu weit entfernt sind die Positionen.
siehe auch:
Zürich und Deutschland im Clinch (TA)
«Man fliegt statt von Norden eben von Süden an» (TA)
«Sie betreiben Selbstverstümmelung» TA
Bilateraler Fluglärmstreit (Leserbriefe TA)