Da die Gespräche nicht vorankommen, will Regierungsrätin Rita Fuhrer Deutschland herausfordern - mit dem gekröpften Nordanflug.
Oliver Steimann
Die Zürcher Regierung hofft, dass der gekröpfte Nordanflug bereits im ersten Quartal 2008 eingeführt werden kann. So zumindest steht es im Internetauftritt von Rita Fuhrers Volkswirtschaftsdirektion. Bedingung wäre, dass «Bern» das neue Anflugverfahren über den nördlichen Aargau mit scharfer Rechtskurve kurz vor der Landung zügig bewilligt - und dass allen Beschwerden die aufschiebende Wirkung entzogen wird.
Einen Versuch wert
An einer Veranstaltung des Center for Aviation Competence (CFAC) der Universität St. Gallen plädierte Fuhrer diese Woche auch aus politischen Gründen für eine rasche Einführung des gekröpften Nordanflugs. Es stelle sich die Frage, wie weit man Deutschland mit der Einführung des «Gekröpften» provozieren wolle, und auch, ob die Gefahr bestehe, dass der nördliche Nachbar mit unfreundlichen Massnahmen gegen die Schweiz reagieren würde, beispielsweise mit einer Verlegung der Luftraumgrenze. «Da mache ich ein grosses Fragezeichen», erklärte Rita Fuhrer. Es sei wohl einen Versuch wert.
Hohentengen bestimmt
Zu den laufenden Gesprächen mit Deutschland wollte die Zürcher Volkswirtschaftsdirektorin einmal mehr keine Details verraten. Kontakte fänden auf allen Ebenen statt. Einer einvernehmlicheren Lösung als der geltenden Deutschen Verordung (DVO) stünden aber verschiedene Hindernisse im Weg. «Berlin» wolle nur mit dem Segen Baden-Württembergs zu einer Verständigung Hand bieten. In Stuttgart sei man dazu nur bereit mit dem Einverständnis des Landkreises Waldshut. Und Waldshut bewege sich nicht ohne Zustimmung aus Hohentengen. «Deshalb ist es leider so, dass der Bürgermeister von Hohentengen die Politik in Berlin bestimmt.» Fuhrer ist überzeugt, dass eine Rückkehr zur früheren Nordausrichtung des Flugbetriebs illusorisch bleibt, auch mit dem gekröpften Nordanflug. «Die heutigen Ostanflüge werden wir nicht mehr zurücknehmen können.»
In St. Gallen äusserte sich auch Regula Dettling, die die Fluggesellschaft Swiss in juristischen und politischen Fragen berät, zum Thema Nordanflug. Den noch hängigen Verfahren gegen die deutschen Anflugbeschränkungen räumt sie kaum noch Erfolgschancen ein. Es sei bedauerlich, dass man den Fall nicht zunächst dem Rechtsdienst der internationalen Zivilluftfahrtsorganisation (ICAO) vorgelegt habe. «Dieser wäre bereit gewesen, ein Gutachten zu erstellen. Doch fehlte es bei uns am politischen Willen zu diesem Schritt.»
«Die Karawane zieht weiter»
Zum gekröpften Nordanflug äusserte sich Dettling-Ott hingegen sehr zuversichtlich. Hoheitsrechtlich finde dieser ganz klar über Schweizer Boden statt. Zu lösen sei die Frage der flugsicherungstechnisch vorgeschriebenen Grenzabstände. Deutschland könne sich zur Abwehr des «Gekröpften» nur auf einen einzigen Passus in den einschlägigen Vorschriften berufen. Ihr Fazit zur Haltung Berlins: «Die Hunde bellen, und die Karawane zieht weiter.»