Regierungsrätin Rita Fuhrer über das neue Konzept zur Verteilung des Fluglärms
Rita Fuhrer stimmt dem im Projekt «Relief» postulierten Verzicht auf den Südanflug zu. Als heikel erachtet sie aber die Verlängerung von Pisten.
Interview: Francesco Benini
NZZ am Sonntag: Frau Fuhrer, Sie haben der Baudirektorin Dorothée Fierz vor den versammelten Medien die Kappe gewaschen.
Rita Fuhrer: Ihren Eindruck verstehe ich nicht. Ich habe meinen Beitrag zu einer vollständigen Information geleistet. Raumplanung, Baurecht und Flughafenpolitik sind eng vernetzt.
Immerhin scheinen Sie heftig protestiert zu haben, als Sie erfuhren, dass Fierz\' Projekt «Relief» die Verlängerung zweier Pisten vorsieht.
Es ist nicht nachvollziehbar, im gegenwärtigen politischen Umfeld, in dem eine Initiative für eine Begrenzung der Flugbewegungen bei 250 000 pro Jahr eingereicht worden ist, von einer Pistenverlängerung zu sprechen. Das Volk wird uns nie glauben, dass wir keine Ausweitung der Kapazität auf dem Flughafen wollen, sondern nur eine qualitative Verbesserung.
«Relief» war ursprünglich ein Projekt, das langfristige Entwicklungen der Flugregime aufzeigen sollte. Dann legten die Verfasser der Studie jedoch Vorschläge vor, die sich bald realisieren lassen. Hat Sie das irritiert?
Ich habe das nicht so erwartet. Ich ging von einer langfristigen Perspektive aus. Als ich dann im März über «Relief» orientiert wurde, sah ich, dass kurz- und mittelfristige Lösungsvarianten in der Studie enthalten sind. Das hat mich zunächst erschreckt.
Inwiefern präjudizieren die Resultate der Studie die Haltung der Zürcher Regierung zu An- und Abflugverfahren?
Der Regierungsrat ist sich einig, dass möglichst wenig Leute dem Fluglärm ausgesetzt sein sollen. Die An- und Abflugverfahren sollen möglichst konzentriert werden. Hier besteht Übereinstimmung mit dem Projekt.
Sind Sie auch der Ansicht, dass der Südanflug verschwinden soll?
Ja. Ich bin gegen eine Verteilung des Fluglärms. Es ist nicht richtig, den Kanton Zürich von allen Seiten zu belärmen. Das Umweltschutzrecht besagt, dass Immissionen konzentriert werden sollen. Dem stimme ich zu. Besonders wichtig ist es, die Bevölkerung zu entlasten, die im nahen Süden des Flughafens wohnt. Sie trägt die Hauptbelastung des Lärms, der im Bereich von Alarmwerten liegt.
Die geforderte Forcierung des Ostanflugs hat im Osten des Flughafens Zürich zu einem Sturm der Entrüstung geführt. Was sagen Sie den Betroffenen?
Ich versuche die Leute darauf hinzuweisen, dass sie alle ihre Bedürfnisse, die sie bezüglich des Flughafens haben, gegeneinander abwägen. Die politische Diskussion fängt erst an.
Wie stehen Sie zu einer Plafonierung der Flugbewegungen?
Die jetzige Infrastruktur des Flughafens lässt unter den erhöhten Sicherheitsvorschriften und der deutschen Verordnung rund 320 000 Bewegungen zu. Wenn man über Beschränkungen spricht, muss man verschiedene Faktoren berücksichtigen: die Anzahl Flugbewegungen, den Lärm, andere Immissionen. Wenn man eine gescheite Kombination definiert, bin ich nicht dagegen.
Wird die Zürcher Regierung mit derselben Haltung in die Mediation gehen, wie man sie in «Relief» findet?
Wir haben einen anderen Ansatz. Wir legen fest, welche Interessen wir mit dem Flughafen verfolgen. Teile von «Relief» werden einfliessen in unsere Haltung zur Mediation, aber die Studie bildet nicht die Grundlage.