Was tun, wenn Wohneigentum wegen Fluglärms an Wert einbüsst? Die Brisanz des Themas lockte am Dienstag trotz Schneegestöber zahlreiche Interessierte in die Turnhalle Gockhausen.
Alexandra Bösch
Als Gastreferenten hatte die Sektion Gockhausen des Vereins Flugschneise Süd – Nein (VFSN) Urs Jordi, Partner eines renommierten Zürcher Anwaltsbüros, eingeladen. Durch die Vertretung einer Gruppe von 200 Grundeigentümern, die durch die Flugschneise Ost ähnlich betroffen sind, verfügt Jordi über Erfahrung im Entschädigungsprozess.
Frage des Ermessens
In seinem 90-minütigen Referat skizzierte er die rechtlichen Möglichkeiten, um eine Entschädigung des fluglärmbedingten Minderwerts einer Liegenschaft erreichen zu können. Dabei fokussierte er auf das Verfahren der materiellen Enteignung in der Variante der Enteignung von nachbarrechtlichen Abwehransprüchen. Rechtsgrundlage des Entschädigungsanspruchs bildet die in Artikel 26 der Bundesverfassung verbriefte Eigentumsgarantie, die volle Entschädigung vorsieht für staatliche Einschränkungen, die in ihrer Intensität einer Enteignung gleichkommen.
In einem jüngsten Entscheid (BGE 129 II 72) befand das Bundesgericht, dass direkte Überflüge eines Grundstücks in 108 Meter Höhe die Eigentumsgarantie, die auch die räumliche Ausdehnung des Grundeigentums in die Höhe umfasst, verletzt. Zahlreiche Liegenschaften in Gockhausen werden heute ebenfalls direkt überflogen, allerdings in rund 300 bis 400 Meter Höhe. Wie breit der Sektor definiert würde, welcher als direkt überflogen gilt und dessen Grundeigentümer demnach zur Klage legitimiert wären, ist die andere (Ermessens-)Frage.
Ungleiche Chancen
Grundeigentümern ausserhalb dieses Bereichs verbleiben nur nachbarrechtliche Ansprüche. Hier sind besondere Voraussetzungen geltend zu machen, etwa dass die Belastung nicht voraussehbar war. «Nachdem Ausbaupläne, welche Südanflüge vorsahen, von den Behörden jahrzehntelang abgelehnt wurden, kann von Voraussehbarkeit keine Rede sein», meinte der Experte.
Schwieriger Nachweis
Problematischer erscheint es, die erforderliche besondere Intensität der Immission, also das Überschreiten der Grenzwerte, nachzuweisen, nachdem das geltende Recht die Belastung als Tagesmittel ausdrückt und besondere Ausschläge, von denen Gockhausen betroffen ist, ausser Acht lässt. «Diesem Übel kann nur politisch, durch die Änderung der Lärmschutzgesetzgebung, begegnet werden,» erklärte Urs Jordi.
In beiden Prozess-Varianten stellt angesichts des zum Erliegen gekommenen Marktes die Bezifferung des Schadens, also des immissionsbedingten Minderwerts der Liegenschaft, ein zusätzliches Streitpotenzial dar. Wenngleich der Erfolg nicht garantiert sei, dürfe die Signalwirkung einer Verfahrenseinleitung und des damit auf den Flughafen erzeugten Drucks nicht unterschätzt werden, betonte Jordi. Als juristischer Nebenschauplatz mit anderer Stossrichtung seien steuerrechtliche Verfahren zur Senkung des Eigenmietwerts ins Auge zu fassen.
Konzertiertes Vorgehen
Rasch wurde klar, dass ein rechtliches Vorgehen für den Einzelnen nur im Verbund mit anderen Klägern finanziell tragbar ist. Da mit einem mehrjährigen Verfahren zu rechnen ist, warnte der Experte vor langem Zuwarten, wenngleich von der Verjährung der Ansprüche jedenfalls nicht vor 2005 auszugehen sei.
Um einen allfälligen Prozess nicht zu präjudizieren, empfahl der Jurist, auch das geänderte Betriebsreglement zu bekämpfen. Zudem ermunterte er die Anwesenden, nicht nachzulassen, ihrem Unmut Ausdruck zu verleihen. (Glattaler, 30.1.2004)