Wie Rita Fuhrer eine Beschränkung auf 250 000 Flugbewegungen pro Jahr verhindern will
Nicht mehr als 250 000 Flugbewegungen pro Jahr und neun Stunden Nachtruhe: So will eine Volksinitiative den Fluglärm eindämmen.
Matthias Scharrer
Der Flughafen Zürich ist unter Druck: Eine Kantonalzürcher Volksinitiative fordert eine Plafonierung bei maximal 250 000 Flugbewegungen pro Jahr. Zudem soll die Nachtruhe (heute 24 bis 6 Uhr) bei einem Ja der Stimmberechtigten auf neun Stunden (22 bis 7 Uhr) ausgedehnt werden. Laut Flughafen-Chef Josef Felder könnte der Klotener Airport damit seine Funktion als interkontinentale Drehscheibe nicht mehr erfüllen.
Auch der Zürcher Regierungsrat sieht durch die Initiative den Wirtschaftsstandort gefährdet. Er hat daher im Januar seinen Gegenvorschlag präsentiert: Nicht die Anzahl Flugbewegungen solle begrenzt werden, sondern die Anzahl (vom Fluglärm) stark gestörter Personen (AGSP). Damit hat der Regierungsrat, vertreten durch Volkswirtschaftsdirektorin Rita Fuhrer, einen neuen Richtwert in die Diskussion gebracht - jedoch vorerst ohne diesen genau zu definieren.
Entscheid steht kurz bevor
Experten der Eidgenössischen Materialprüfungsanstalt (Empa) erhielten den Auftrag, die methodischen Grundlagen für den neuen Richtwert zu erarbeiten. «Etwa im Frühling sollte es so weit sein», erklärte Fuhrer im Januar. Inzwischen ist es August, und der methodische Ansatz liegt vor, wie aus gut informierten Quellen zu erfahren ist. Nun liegt es am Regierungsrat, den AGSP festzulegen, also die Zahl der vom Fluglärm stark gestörten Personen zu beziffern, die nicht überschritten werden darf. Doch Rita Fuhrer lässt sich noch nicht in die Karten blicken: «Der Regierungsrat wird demnächst darüber entscheiden und den Richtwert im Laufe der kommenden Wochen vorstellen», sagt ihr Informationsbeauftragter Gregor Lüthy. Er hält fest, dass mit dem Gegenvorschlag keine Aussage über das Flugregime gemacht werde. Ob und wie viele Nord-, Süd-, Ost- oder gekröpfte An- und Abflüge damit verbunden seien, bleibe offen.
Würde jetzt abgestimmt, stünden die Chancen für eine Annahme der Plafonierungs-Initiative schlecht: Laut einer kürzlich veröffentlichten repräsentativen Umfrage des Forschungsinstituts Isopublic käme sie auf lediglich 36 Prozent Ja-Stimmen; 48 Prozent der Befragten wollten sie ablehnen, 16 Prozent waren noch unentschieden. Dem regierungsrätlichen Gegenvorschlag stimmten gemäss der Umfrage 61 Prozent zu, 30 Prozent sagten «Nein», 9 Prozent «Weiss nicht». Im Auftrag des Kantonalzürcher Gewerbeverbands hatte Isopublic 1001 Stimmberechtigte im Kanton Zürich befragt. Ihre Antworten waren widersprüchlich: Trotz dem «Nein» zur Plafonierung sprachen sich nur 30 Prozent für ein weiteres Wachstum des Flughafens Zürich aus. 60 Prozent meinten, er solle so bleiben, wie er heute ist. Und: 68 Prozent waren der Ansicht, der Fluglärm solle möglichst gleichmässig verteilt werden. Nur 30 Prozent sprachen sich dafür aus, dass möglichst wenige Leute vom Fluglärm betroffen sein sollen.
Den Flughafen einschränken will übrigens auch eine von 69 Zürcher Gemeinden im Juli eingereichte Behörden-initiative. Sie verlangt eine Beschränkung auf jährlich 320 000 Flugbewegungen und acht Stunden Nachtruhe. Eine entsprechende Gesetzesänderung ist Sache des Zürcher Kantonsrats. Letztes Jahr verzeichnete der Flughafen Zürich 267 363 Flugbewegungen; im Spitzenjahr 2000 waren es 326 000.