Waldshut/Zürich - Auf die Vorschläge von Staatsminister Willi Stächele am Freitag brauchte es offenbar ein paar Stunden, bis die Nachricht bei den politischen Entscheidungsträgern in Bern und Zürich gesackt war. Von einem "absurden Angebot" war ebenso die Rede wie vom ungestümen Säbelrasseln aus Baden-Württemberg.
Eine Verringerung der Anflüge über süddeutschem Gebiet auf den Flughafen Kloten werde nicht akzeptiert, sagte ein UVEK-Sprecher in ungewohnter Schärfe der Neuen Zürcher Sonntagszeitung. Die Schweiz warte schon lange auf eine deutsche Zusage für die Aufnahme von Verhandlungen. Damit deutete der Sprecher an, dass Bern im baden-württembergischen Staatsministerium keinen adäquaten Verhandlungspartner sieht.
Stächele hatte am Freitag die Position der Landesregierung in dem seit drei Jahrzehnten schwelenden Nachbarstreit erläutert. Anlass war dabei sein für den 17. August geplantes Treffen in Bern mit politischen Vertretern der Eidgenossenschaft, darunter Schweizer Bundesräten. Kern der Stuttgarter Forderungen ist dabei die Deckelung der Anflüge über dem deutschen Südwesten auf 80000 im Jahr. Als nicht verhandelbar bezeichnete Stächele das Flugverbot in den Morgen- und Abendstunden, während der Nacht sowie an Wochenenden, die von der deutschen Verordnung vorgegeben sind. Stächele fordert zudem, dass künftig auch deutsche Unternehmen an Bauarbeiten am Zürcher Flughafen beteiligt werden sollen. Bislang wurden vorwiegend Schweizer Firmen bei den Ausschreibungen berücksichtigt.
Scharfe Kritik schlägt dem baden-württembergischen Staatsminister denn auch erwartungsgemäß von Schweizer Medien ins Gesicht. Die Neue Zürcher Zeitung, die sich mit Nachdruck für die Belange des Flughafens engagiert, rätselt über Stächeles Rolle im Fluglärmstreit. Entweder sei dieser "ein Wirrkopf, der seine Rolle in den Gesprächen mit der Schweiz überschätzt", oder er werde als "Hardliner" in die Auseinandersetzung geschickt, der "die Schweiz weich klopfen und den Boden für die anstehenden Verhandlungen bereiten soll". Unterdessen geht die NZZ von einer Lösung des Streits im "Gesamtpaket" aus, wonach "die Schweiz den Deutschen Zugeständnisse in anderen binationalen Dossiers wird machen müssen, wenn sie eine bessere Anflugregelung erreichen will".
Berlin hingegen soll sich nach Schweizer Medienberichten von Stächeles Forderungen distanziert haben. Der baden-württembergische Minister habe seine Äußerungen nicht mit dem Bundesverkehrsministerium abgesprochen, hieß es. Zudem verhandele Berlin, wenn es um einen Staatsvertrag gehe, nicht Stuttgart.
siehe auch:
Vorgeplänkel im Fluglärmstreit (NZZ, 11.08.06)
Deutsches Verwirrspiel um Flughafen-Staatsvertrag (TA, 12.08.06)
Bewegung im Fluglärmstreit (NZZ, 13.08.06)
Diktiert Deutschland einen neuen Staatsvertrag? (VFSN, 15.08.06)
Mit klaren Zielen nach Berlin für eine bessere Anflugregelung (NZZ, 19.08.06)