Zwischen der Schweiz und Deutschland finden in wenigen Wochen Gespräche über eine neue Regelung des Anflugs auf den Flughafen Zürich statt. Dies hat Jürgen Frank, Sprecher des deutschen Verkehrsministeriums, auf Anfrage bestätigt. Den Äusserungen Franks ist zu entnehmen, dass sich Deutschland dem Wunsch der Schweiz nach der Aufnahme offizieller Verhandlungen kaum mehr lange verschliessen wird. «Es ist möglich, dass wir im Herbst offiziell mit der Schweiz zu verhandeln beginnen», sagt der Ministeriumssprecher. Die bereits anberaumten Gespräche würden dann den Auftakt der Verhandlungen bilden.
Das deutsche Verkehrsministerium weist ausserdem die Darstellung des baden-württembergischen Staatsministers Willi Stächele (CDU) zurück, dass dieser im Auftrag von Baden- Württembergs Ministerpräsident Günther Oettinger und in Absprache mit der deutschen Bundesregierung am 17. August mit der Schweiz über einen Staatsvertrag verhandeln werde. «Der baden-württembergische Staatsminister führt Gespräche. Über einen Staatsvertrag verhandeln würde aber das deutsche Verkehrsministerium», betont Jürgen Frank. Zu Stächeles Forderung, jährlich nur noch 80 000 Nordanflüge auf den Flughafen Zürich zuzulassen, nimmt Frank keine Stellung.
Staatsminister Stächele hatte am Freitag mit seinen Äusserungen in der Schweiz für Aufsehen gesorgt. Er bezeichnete 80 000 Anflüge über deutsches Gebiet pro Jahr als «äusserst grosszügiges Angebot» und sagte zudem, die deutschen Überflugverbote für die Morgen- und Abendstunden sowie für die Wochenenden müssten auch künftig gelten. Verkehrsminister Moritz Leuenbergers Pressesprecher André Simonazzi sagte am Samstag, es komme nicht in Frage, dass die Schweiz die Forderungen des baden- württembergischen Staatsministers akzeptiere. «Das würde eine noch schlechtere Situation als heute bedeuten», erklärte er. Die Schweiz warte schon lange auf eine deutsche Zusage für die Aufnahme von Verhandlungen.
Im neuen Kapitel des vor langer Zeit entbrannten Fluglärmstreits gibt die Rolle des baden-württembergischen Staatsministers Willi Stächele Rätsel auf. Für seine anscheinend nicht mit Berlin abgesprochenen Äusserungen gibt es zwei Erklärungen: Entweder ist Stächele ein Wirrkopf, der seine Rolle in den Gesprächen mit der Schweiz überschätzt. Oder er betätigt sich - möglicherweise mit der Zustimmung der deutschen Bundesregierung - als Hardliner, der die Schweizer weich klopfen und den Boden für die anstehenden Verhandlungen bereiten soll.
Es wird allgemein erwartet, dass die Schweiz den Deutschen Zugeständnisse in anderen binationalen Dossiers wird machen müssen, wenn sie eine bessere Anflugregelung erreichen will. Die Rede ist von einem «Gesamtpaket», das geschnürt werden soll.