Die Meldung der Schweizerischen Depeschenagentur (SDA) tönte viel versprechend. In einem Gespräch mit der Deutschen Presse-Agentur (DPA) habe der baden-württembergische Staatsminister Willi Stächele erklärt, er verhandle im Auftrag des baden-württembergischen Ministerpräsidenten Günther Oettinger und in Absprache mit der Bundesregierung mit der Schweiz über einen Staatsvertrag über die An- und Abflüge zum Flughafen Zürich. Er treffe sich zu diesem Zweck am 17. August in Bern mit Vertretern des Bundesrats und des Zürcher Regierungsrats. Bern und Berlin hätten sich im Februar auf neue Verhandlungen geeinigt; in den vergangenen Wochen habe es bereits Sondierungsgespräche gegeben.
Bern weiss von nichts
In Bern fiel man aus allen Wolken. «Das ist komplett falsch», sagt Daniel Bach, Sprecher von Bundesrat Moritz Leuenberger. Am 17. August finde in Bern zwar ein informelles Gespräch mit Stächele auf Staatssekretärsebene statt, aber nicht zum Staatsvertrag, sondern zur grenzüberschreitenden Zusammenarbeit. Der Flug- sei als Thema nicht vorgesehen, Verhandlungen seien es nicht, und der Bundesrat nehme mit Sicherheit nicht teil. Abgesehen davon verhandle die Schweiz über einen Staatsvertrag mit Deutschland, nicht mit Baden-Württemberg. Von Zürich aus wird zwar eine Delegation am Gespräch teilnehmen; man will dort aber nicht sagen, wer dazugehört.
«Die Schweiz ist sehr an Verhandlungen mit Deutschland interessiert», sagte Bach, und auf Verhandlungen hätten sich die beiden Staaten auch schon Anfang 2005 geeinigt. Aber ausser informellen Gesprächen habe noch nichts stattgefunden: «Wir warten immer noch auf ein offizielles Signal.» Stächele hat im Gespräch mit der DPA offenbar auch ein Verhandlungsangebot gemacht, ob im Namen Deutschlands oder Baden-Württembergs, ist unklar. Danach soll Deutschland bereit sein, bis zu 80 000 Überflüge jährlich zu erlauben. Im Gegenzug müsse die Schweiz die 2003 einseitig von Deutschland in Kraft gesetzten Auflagen für Kloten akzeptieren, also die Nachtflugsperren wochentags von 21 bis 7 Uhr und an Wochenenden beziehungsweise Feiertagen von 20 bis 9 Uhr. «Die Zeitfenster sind nicht verhandelbar», soll Stächele im Gespräch erklärt haben.
Ein Angebot, das keines ist
Zu diesem Angebot nimmt Bern zwar nicht offiziell, wohl aber indirekt Stellung. «Wir sagten immer, die jetzige Regelung sei schlecht für die Schweiz, weil sie die Wirtschaft, die Anwohner und den Flughafen in seinen Entwicklungsmöglichkeiten belastet», sagt Bach. Der Bund setze sich deshalb für eine bessere Lösung ein. Eine bessere Lösung aber ist Stächeles Angebot nicht, im Gegenteil. Würde die Schweiz darauf eingehen, würde es die Lage in Zürich noch verschlechtern. Denn die deutsche Verordnung setzt kein zahlenmässiges Limit für die Nordanflüge. Die Zeitfenster sind einfach so berechnet, dass noch rund 100 000 Anflüge über deutsches Gebiet möglich sind, und so viele werden heute auch geflogen. Eine Begrenzung auf 80 000 Anflüge wäre also ein Rückschritt. Zudem sind es vor allem die Zeitfenster, die Zürich zu schaffen machen: mit den Süd- und vermehrten Ostanflügen über zum Teil dichtest besiedeltem Gebiet und mit betrieblichen Einschränkungen, die dem Flughafen schwer zu schaffen machen.