Baden-Württemberg will nur noch 80\'000 Nordanflüge auf Kloten erlauben
Vor informellen Gesprächen über den Fluglärmstreit zwischen der Schweiz und Deutschland hat Baden-Württemberg klargemacht, dass man jährlich nur noch 80\'000 Nordanflüge auf den Flughafen Zürich erlauben möchte. Dies würde gegenüber der heute geltenden einseitigen Verordnung aber eine Reduktion um mehr als einen Fünftel bedeuten.
Deutschland habe ein Interesse daran, den Schweizer Flugverkehr über seinem Hoheitsgebiet durch einen Staatsvertrag zu regeln, sagt der baden-württembergische Staatsminister Willi Stächele in einem am Freitag veröffentlichten Gespräch mit der Deutschen Presse-Agentur (DPA).
Deutliche geringere Zahl gegenüber heute
Laut Stächele sei man von Seiten Baden-Württembergs bereit, bis zu 80\'000 Überflüge jährlich zu erlauben. Im Gegenzug müsse die Schweiz aber die 2003 einseitig von Deutschland in Kraft gesetzten Auflagen für Kloten akzeptieren. Eine Beschränkung auf eine solche Anzahl Anflüge würde aber aus Schweizer Sicht eine deutliche Verschlechterung gegenüber der heutigen Situation darstellen: Die einseitige deutsche Verordnung (DVO), die nach dem Scheitern des Luftverkehr-Staatsvertrages vor drei Jahren in Kraft gesetzt worden ist, erlaubt gegenwärtig pro Jahr über 100\'000 Anflüge auf Kloten aus Richtung Norden. Der Vorschlag aus Stuttgart kommt daher praktisch einer Drohung gleich. Allerdings wären eigentliche Verhandlungen über einen neuen Staatsvertrag Sache der Regierungen in Bern und Berlin.
«Zeitfenster nicht verhandelbar»«Die Zeitfenster sind nicht verhandelbar», erklärte Stächele weiter. Die heute geltenden Flugverbote für die Nacht, für die Morgen- und Abendstunden sowie die Wochenenden müssten auch künftig in Kraft bleiben. «Nur dadurch wird der Schutz der vom Fluglärm geplagten Bewohner garantiert.» Der Schwarzwald und der Bodensee seien die beiden wichtigsten touristischen Regionen Baden-Württembergs. Sie dürften durch zu viel Schweizer Fluglärm nicht weiter bedroht werden.
Noch keine Verhandlungen über StaatsvertragHinter den Kulissen wird seit einiger Zeit um neue Verhandlungen für einen Staatsvertrag zwischen der Schweiz und Deutschland gerungen. Im Auftrag des baden-württembergischen Ministerpräsidenten Günther Oettinger und in Absprache mit der Bundesregierung führte Stächele mit der Schweiz informelle Gespräche über grenzüberschreitende Fragen der Zusammenarbeit. Es handle sich aber dabei nicht um eigentliche Verhandlungen und der Fluglärm sei kein Thema, erklärte dazu Daniel Bach, Sprecher des Eidgenössischen Departements für Umwelt, Verkehr, Energie und Kommunikation (UVEK).
Ein zwischen der Schweiz und Deutschland ausgehandelter Staatsvertrag über die Anflüge auf Zürich war am Nein der eidgenössischen Räte zu einer Ratifizierung gescheitert. Im Februar dieses Jahres hatten sich Bern und Berlin auf neue Verhandlungen geeinigt.
siehe auch:
Deutsches Verwirrspiel um Flughafen-Staatsvertrag (TA, 12.08.06)
Bewegung im Fluglärmstreit (NZZ, 13.08.06)
Stächele erntet blanken Hohn (Südkurier, 14.08.06)
Diktiert Deutschland einen neuen Staatsvertrag? (VFSN, 15.08.06)
Mit klaren Zielen nach Berlin für eine bessere Anflugregelung (NZZ, 19.08.06)