Dem Bazl-Chef droht zweite Klage (Cash)

Publiziert von VFSNinfo am

Raymond Cron und sein früherer Arbeitgeber verhandeln derzeit über zivilrechtliche Ansprüche.

Jetzt muss sich Bazl-Direktor Raymond Cron nicht «nur» strafrechtlich vor Gericht verantworten. Ihm droht auch noch eine Zivilklage. Trotzdem hält Bundesrat Moritz Leuenberger an ihm fest.

Raymond Cron, 47, hatte vor seinem Start als Direktor des Bundesamts für Zivilluftfahrt (Bazl) hehre Ziele: «Das Bazl soll eine proaktiv handelnde und kompetente Behörde werden, die in der Politik, der Luftfahrtindustrie und der Öffentlichkeit eine hohe Akzeptanz geniesst. » Der Baufachmann setzte die Reorganisation des bislang behäbigen Amts zügig um.

Doch heute steht er vor einem Scherbenhaufen: Er muss sich einem Strafprozess wegen Verdachts auf Veruntreuung, ungetreuer Geschäftsbesorgung, Urkundenfälschung und Betrugs stellen. Jetzt droht Cron auch noch eine Zivilklage. «Falls keine einvernehmliche Lösung zu Stande kommt, wäre eine Zivilklage unumgänglich», bestätigt Christian Bubb, Chef des Baukonzerns Implenia, wie die Batigroup nach der Fusion mit Zschokke heisst. Cron gab vergangenen November zu, als früherer Batigroup- Spartenleiter 2002 und 2003 «Sonderprämien » in der Höhe von 176000 Franken an sieben Mitarbeitende ausbezahlt zu haben. Vom «Schwarzgeld», an der Buchhaltung des Konzerns vorbeigeschleust, ver- VERFAHREN v RAYMOND CRON 18. Mai 2006 nrn 3 blieben 4000 Franken bei Cron, die er letztes Jahr zurückgeben liess.

Nervös versucht Cron den finanziellen Schaden wieder auszubügeln. «Zurzeit werden mit Herrn Cron Gespräche über die zivilrechtlichen Ansprüche geführt», bestätigt Bubb. Der Ausgang der Gespräche sei offen. Falls ein Vergleich möglich sei, werde man auf weitere Schadenersatzforderungen verzichten. Cron-Anwalt Michael Pfeifer, der mit Journalisten nur noch schriftlich verkehrt, mochte sich dazu nicht äussern. Er schreibt, dass Crons Verfehlungen die Tatbestände der Veruntreuung und der ungetreuen Geschäftsführung erfüllen dürften, wobei das Gericht über das Verschulden und das Strafmass in Berücksichtigung sämtlicher, auch der entlastenden Umstände befinden müsse. Pfeifer betont, dass Cron nicht aus Eigennutz gehandelt habe. Genau dies ist jedoch umstritten: Wenn Cron ein Bauprojekt (siehe Box «Der Fall Cron») dank motivierter Mitarbeiter gut durchzog, fiel für ihn Glanz ? und allenfalls auch ein besserer Bonus ? ab.

Festhalten an Cron signalisiert eine falsche Geschäftsethik

Ein Amtsdirektor, auf den gleich zwei juristische Verfahren warten? Für Crons obersten Chef, Bundesrat Moritz Leuenberger, ist das aber nach wie vor kein Problem. Trotz möglicher Zivilklage sei keine neue Situation eingetreten, sagt André Simonazzi, der Uvek-Pressesprecher. Cron geniesse weiterhin das Vertrauen von Leuenberger.

Mit diesem Verhalten stösst Leuenberger auf Kritik. Peter Odermatt, Chef des US-Kadervermittlers MRI in der Schweiz, findet das Ganze «höchst fragwürdig»: So werde der Bevölkerung eine völlig falsche Geschäftsethik signalisiert. Für SVPNationalrat Hans Kaufmann ist es gar «unfassbar», dass der Bazl-Direktor immer noch im Amt ist: «Der Bund hat doch Vorzeigecharakter.» Und selbst die Baselbieter SP-Nationalrätin Susanne Leutenegger Oberholzer bezeichnet Cron als «geschwächt im Amt».

Diese Schwächung wird weiter anhalten, weil noch kein Gerichtsurteil in Sicht ist. Das Verfahren kann vielmehr zur unendlichen Geschichte werden, wenn gegen ein Urteil bis zum Bundesgericht appelliert würde. Die Basler Strafgerichtspräsidentin Felicitas Lenzinger sagt, dass der Prozess, falls möglich, noch in diesem Jahr stattfindet. Aber: «Auch andere Leute haben einen Anspruch, beurteilt zu werden.» Damit ist klar: Cron ist als Amtschef nicht mehr haltbar. Das sehen inzwischen selbst einige seiner Mitarbeiter so. Die ersten äusserten sich bereits in Leserbriefspalten zu ihrem Chef. So schrieb ein Bazl-Angestellter von einem «bedenklichen Signal» und schob dann nach: «Inspektoren müssen sich bei ihrer Arbeit bereits anhören, das Bazl solle doch erst mal vor der eigenen Türe wischen.»

CASH, 17.05.06



DER FALL CRON

Raymond Cron war Spartenleiter bei der Batigroup, die im März dieses Jahres mit Zschokke zum neuen Schweizer Baukonzern Implenia fusionierte. Crons Fall kam ins Rollen, als das interne Batigroup-Revisorat Unregelmässigkeiten entdeckte. Darauf wurde Controller K. wegen möglicher Delikte angezeigt. K. packte aus. So kam der Fall Cron ans Licht. Der Bazl-Chef gab zu, dass er ohne Zustimmung des Baukonzerns mit Schwarzgeld Sonderprämien an Mitarbeiter ausbezahlt habe. Gesamtbetrag: 180 000 Franken. So wollte Cron angeblich motivieren, den Bau des Basler Messeturms ohne Verzögerung durchzuziehen. Controller K. ist wegen weiterer Delikte angeklagt. Ein Projektleiter steht auch vor Gericht.


NICHT NUR CRON HAT EIN VERFAHREN AM HALS

Im Departement von Bundesrat Moritz Leuenberger ist Raymond Cron nicht der einzige Amtsdirektor mit einem Verfahren am Hals. Gegen Walter Steinmann, Direktor des Bundesamts für Energie, hat der Kanton Solothurn letztes Jahr eine Klage beim Verwaltungsgericht deponiert und verlangt eine Regresszahlung. Steinmann werden Versäumnisse punkto Buchhaltung während seiner früheren Tätigkeit als Chef des Solothurner Amts für Wirtschaft und Arbeit vorgeworfen. Das Verfahren ist immer noch hängig. Offen ist, ob sich Leuenbergers Generalsekretär Hans Werder als früherer Vertreter des Bundes im Swissair-Verwaltungsrat allenfalls noch rechtlich verantworten muss. Gegenüber Crons Vorgänger als Direktor des Bundesamts für Zivilluftfahrt, André Auer, gab sich Leuenberger weniger geduldig. Er wurde per Ende April 2004 entlassen. Ihm wurde vorgeworfen, ein nicht regelkonformes Anflugverfahren auf Agno jahrelang nicht vollständig kontrolliert zu haben.