Die Küsnachter Gemeindepräsidentin Ursula Gut soll für die FDP im Zürcher Regierungsrat den Sitz der zurückgetretenen Baudirektorin Dorothée Fierz sichern. Dies schlägt die Parteileitung ihren Delegierten vor.
Die Ersatzwahl in den Regierungsrat sei eine Weichenstellung, sagte Thomas Isler, Vizepräsident der FDP des Kantons Zürich, heute vor den Medien in Zürich. «Eine rot-grüne Mehrheit darf es nicht geben.»Die nun vorgeschlagene Ursula Gut ist 53-jährig, verheiratet und derzeit Vizedirektorin beim Lebensversicherer Swiss Life. Sie hat an der Universität Zürich Recht studiert und doktoriert. Danach hat sie bei einer Grossbank Karriere gemacht.
Gute Nerven, breiter Rücken
Politische Ämter bekleidet Gut auf kommunaler Ebene seit Anfang der Neunzigerjahre. Zuerst war sie Mitglied der Rechnungsprüfungskommission, dann Finanzvorsteherin von Küsnacht.
Seit 1998 ist Gut Präsidentin der Gemeinde am Zürichsee. Dieses Jahr ist sie mit dem besten Wahlresultat aller Kandidierenden wiedergewählt worden. Auf der Nationalratsliste ist Gut erste Ersatzkandidatin.
Sie habe gute Nerven, einen breiten Rücken und Durchsetzungskraft, charakterisierte sich Gut am Freitag. Sie wolle sich für Zürich als guten Lebens- und starken Wirtschaftsstandort mit tiefen Steuern einsetzen.
Gut war zudem in der Konsultativen Konferenz Flughafen Zürich Vertreterin des Bezirks Meilen. Mit dem Fluglärmforum Süd kämpft sie gegen Südanflüge. Die Entwicklung des Flughafens liegt Gut denn auch am Herzen. Mit Deutschland müssten wieder Gespräche aufgenommen und mit dem gekröpften Nordanflug vorwärts gemacht werden, sagte sie weiter.
Frau der Wirtschaft
Für die Zürcher FDP-Ständerätin Trix Heberlein ist Ursula Gut eine «unabhängige Denkerin». Gut sei standfest und vertrete ihre Meinungen vehement. Sie lasse sich aber auch belehren.
FDP-Kantonalpräsidentin Doris Fiala bezeichnete Ursula Gut als «Frau der Wirtschaft». Die Kandidatin sei in juristischen Fragen ein Vollprofi, sagte Fiala weiter. Gut habe bereits bewiesen, dass sie krisenresistent sei. Zudem habe sie nicht nur Charme, sondern auch Humor.
Fiala ist von guten Wahlchancen überzeugt: «Wir werden mit geschlossenen Reihen kämpfen.» Über die definitive Nomination wird an einer ausserordentlichen Delegiertenversammlung am 20. Mai entschieden.
Die Ersatzwahl findet am 9. Juli statt. Bereits am vergangenen Samstag haben die Grünen mit Nationalrätin Ruth Genner ihre Kandidatin präsentiert, die Mitgliederversammlung muss den Vorschlag noch genehmigen. Der Vorstand der EVP des Kantons Zürich will am Samstag entscheiden, wen die Partei ins Rennen schickt.
Die Wahl im Eiltempo wird nötig, nachdem Baudirektorin Dorothée Fierz den Regierungsrat Knall auf Fall verlassen hat. Sie war letztlich an einem Streit mit Regierungsratskollegin Rita Fuhrer (SVP) um das Tiefbauamt gescheitert. (mu/sda)
«Tages-Anzeiger» vom 13.5.2006, Seite 15
Die FDP findet: « Gut ist besser »
Die FDP schickt die Küsnachter Gemeindepräsidentin Ursula Gut ins Rennen um die Fierz- Nachfolge. « Die FDP steht wie ein Mann hinter dieser Frau » , sagte Präsidentin Doris Fiala.
Parteipräsidentin Doris Fiala strahlte und gab sich so locker und zuversichtlich, dass man kaum mehr merkte, welch strenge Woche sie hinter sich hat: Rücktritt von Dorothée Fierz, die Ambitionen von Filippo Leutenegger, die angebliche Intervention von Fulvio Pelli und die Vornomination von Ursula Gut. All dies und « alle diese Gerüchte » seien jetzt Geschichte, sagte Fiala gestern Freitag in Zürich vor den Medien. Details zum Nominationsverfahren gab sie keine bekannt. Entscheiden werden die FDP- Delegierten am 20. Mai, ob Ursula Gut am 9. Juli gegen die Grüne Ruth Genner und allenfalls weitere Kandidaten von EVP und Schweizer Demokraten antreten wird.
« Wir waren wie bei einem militärischen Manöver Tag und Nacht an der Arbeit » , sagte gestern FDP- Vizepräsident Thomas Isler. Ob es ein Mann oder eine Frau sein solle – nach dem Streit zwischen Dorothée Fierz und Rita Fuhrer zum Thema geworden – , habe dabei « überhaupt keine Rolle gespielt » . Dass Ursula Gut die finanzstärkste Gemeinde im Kanton seit acht Jahren mit Erfolg führe, zeige eines: « Wer mit all den gescheiten Leuten in einer solchen Gemeinde umgehen kann, der muss auch den Teufel nicht fürchten. »
Keine Erpressung durch die SVP
Gemäss Rolf Leimer, FDP- Mitglied und professioneller Headhunter, hat die Partei seit letztem Herbst unter seiner Ägide gegen 20 interessierte Bewerberinnen und Bewerber unter die Lupe genommen. Seit einem Monat liege dem Wahlausschuss eine « Short List » mit sieben Kandidatinnen und Kandidaten für die Regierungsratswahlen im April 2007 vor. Ein wichtiges Kriterium nach dem Rücktritt von Dorothée Fierz sei die kurzfristige Verfügbarkeit gewesen, sagte Leimer.
Die politische Ausrichtung nach der unverhohlenen Drohung der SVP habe keine Rolle gespielt, behauptete Fiala. « Ein Versuch, uns zu erpressen, wurde nicht unternommen. » Die FDP habe gegenüber der SVP auch keine Eingeständnisse im Hinblick auf die Gesamterneuerungswahlen 2007 und auf die Ständeratswahlen hin gemacht. « Es ist sonnenklar, dass wir im Frühling wieder mit zwei Kandidaten antreten » , sagte Fiala. « Die FDP verzichtet sicher nicht freiwillig auf einen Sitz. » Die FDP stehe heute geeint und « wie ein Mann hinter Frau Gut » , sagte Fiala.
Vorgestellt wurde Ursula Gut durch Ständerätin Trix Heberlein und Barbara Angelsberger, die Präsidentin der FDPFrauen. Gut sei eine « charakterfeste, konfliktfähige und teamfähige Person » . Sie sei standfest, könne aber auch einen Schritt zurücktreten und sich belehren lassen.
« Wenn sie aber ihre Meinung gefasst hat, ist sie sehr hartnäckig und durchsetzungskräftig » , sagte Heberlein.
Steuern und Flughafen als Themen
Ursula Gut selber stellte sich als führungserfahren, kompetent und wirtschaftsnahe dar. Sie wirkte vor den Medien solid und bestimmt, aber noch etwas verkrampft. « Ich habe einen breiten Rücken, gute Nerven, aber auch viel Humor » , sagte sie. Klar wurde schon gestern, dass im Wahlkampf mit der Grünen Ruth Genner der Steuerfuss und die Flughafenpolitik zentrale Themen werden. « Südanflüge und zusätzliche Ostanflüge sind aus lärm und sicherheitstechnischen Gründen nicht zu verantworten » , sagte Gut und plädierte für den gekröpften Nordanflug sowie für einen leistungsfähigen und gut funktionierenden Flughafen.
Ursula Gut griff Ruth Genner bereits direkt an, weil sich diese auf der Homepage der Grünen für höhere Steuern einsetze. Das komme nicht in Frage. « Wir müssen die Familien und den Mittelstand entlasten » , sagte sie. Ein tiefer Steuerfuss liege ihr als früherer Finanzvorsteherin von Küsnacht besonders am Herzen.