Kommission und Plafonierungs-Initianten kritisieren den späten Zeitpunkt der Lancierung
Mit einer Behördeninitiative fordern fünf Zürcher Gemeinden einen Plafond bei jährlich 320 000 Bewegungen für den Flughafen Zürich. Die Ratskommission und die Verantwortlichen der Plafonierungsinitiative (maximal 250 000 Bewegungen) monieren, die Lancierung erfolge zu spät.
ark. Die Stadträte von Bülach, Opfikon und Winterthur sowie die Gemeinderäte von Dällikon und Nürensdorf fordern für den Flughafen Zürich einen Plafond von maximal 320 000 Bewegungen jährlich und eine Nachtruhe von 8 Stunden Dauer. Zu diesem Zweck lancieren sie eine Behördeninitiative und hoffen auf Unterstützung durch weitere Städte und Gemeinden. Die Zahl 320 000 ist eine alte Bekannte in der Plafonierungs-Diskussion. Im Jahr 2002 hatten sowohl der Kantonsrat wie auch das regierungsrätliche Konsultativorgan Runder Tisch für eine Begrenzung der Bewegungen am Flughafen Zürich auf diesem Niveau votiert. Laut einer Mitteilung hält man die bereits eingereichte Volksinitiative «für eine realistische Flughafenpolitik», auch Plafonierungsinitiative genannt, für an und für sich unterstützenswert. Die geforderten Beschränkungen auf 250 000 Flugbewegungen jährlich und 9 Stunden Nachtruhe gingen aber zu weit, sie könnten dem Standort Zürich schaden, schreiben die Behördenvertreter.
Kritik am Zeitpunkt der Lancierung
Die Lancierung der Behördeninitiative erfolgt politisch zu einem ungünstigen Zeitpunkt, zumindest aus der Sicht der zuständigen kantonsrätlichen Kommission für Energie, Verkehr und Umwelt (Kevu). Diese behandelt zurzeit die Plafonierungsinitiative gemeinsam mit einer breiten Palette von Alternativen, unter anderem dem Gegenvorschlag der Regierung. Kevu-Präsidentin Sabine Ziegler (sp., Zürich) spricht von einer grossen Auslegeordnung mit sämtlichen Varianten für einen künftigen Betrieb des Flughafens. Die Behördeninitiative kommt ihr ungelegen. Nicht wegen ihres Inhalts, sondern weil sie den zeitlichen Fahrplan der Kevu bei der Behandlung der Plafonierungsfrage tangiert. Bis das Anliegen der Gemeinden für die Kommission behandlungsreif sei, werde es mehrere Monate dauern.
Die Kevu steht aber unter Zeitdruck, da die Schlussabstimmung über die Volksinitiative spätestens im Juli 2007 stattfinden muss. Die Plafonierungs-Diskussion wird in der Kommission vermutlich also längst abgeschlossen sein, wenn die Behördeninitiative dort zur Sprache kommen könnte. Viel effizienter wäre es laut Ziegler gewesen, wenn die Vertreter der fünf Gemeinden ein Kommissionsmitglied mit dem Lobbying für ihren Vorschlag beauftragt hätten. Man kann ohnehin davon ausgehen, dass der Vorschlag für eine Plafonierung bei 320 000 Bewegungen bereits auf dem Tisch der Kommission liegt.
Kritik an Art und Zeitpunkt der Lancierung äussert auch SP-Kantonsrat Ruedi Lais vom Plafonierungs-Initiativkomitee. Er findet die «im Geheimen» erarbeitete Behördeninitiative eine merkwürdige, wenig transparente Sache. Das Sonderzüglein sei viel zu spät bestiegen worden, und ähnlich wie seine Parteikollegin Sabine Ziegler hätte er es für klüger gehalten, das Anliegen über ein Mitglied der Kevu einzubringen. Mit dem jetzigen Vorgehen spalteten die Gemeinden die Plafonierungs-Bewegung, erklärt Lais.
Zuerst auch Pisten-Moratorium geplant
Franz Brunner, Gemeindepräsident von Nürensdorf und Promotor der Behördeninitiative, hat ein gewisses Verständnis für die Kritik. Es habe lange gedauert, bis man die richtige Form des Begehrens gefunden habe. Allerdings sei es noch keineswegs zu spät, um die zwei Forderungen gemeinsam zu behandeln, sagte Brunner. Der Regierungsrat müsse einfach etwas schneller handeln als bei der Plafonierungsinitiative, wo er die Fristen praktisch bis zum letzten Tag ausgenützt habe. Erste Hürde für die Behördeninitiative ist indessen die vorläufige Unterstützung durch den Kantonsrat, das heisst die Zustimmung von mindestens 60 Ratsmitgliedern.
Brunner erklärte, dass die Behördeninitiative zunächst auch die Forderung nach einem Moratorium für Änderungen am Pistensystem enthalten habe. Davon habe man aber abgesehen, weil so unter Umständen die Einheit der Materie gefährdet gewesen wäre. Offen ist noch, ob die IG Nord eine weitere entsprechende (Moratoriums-)Initiative einreichen wird. Der Bülacher Stadtrat Hanspeter Lienhart bestätigt, dass man sich darüber Gedanken macht, man müsse aber aufpassen, dass es keine «Initiativen-Flut» gebe.
Gegenvorschlag rechtlich in Ordnung
ark. Anfang Januar hat die Zürcher Regierung ihren Gegenvorschlag zur Plafonierungsinitiative eingereicht. Statt Flugbewegungen will der Regierungsrat die Anzahl der vom Fluglärm stark gestörten Personen (ASGP) begrenzen. Der neue Wert, den es noch zu definieren gilt, soll im Flughafengesetz verankert werden. Die Plafonierungsinitiative dagegen will ihre 250 000 Bewegungen in der Verfassung verankern. Nach dem Regierungsvorschlag war die Frage aufgetaucht, ob es rechtlich zulässig sei, einem Verfassungsartikel einen Gesetzesartikel gegenüberzustellen. Laut Christian Schuhmacher von der Direktion für Justiz und Inneres steht dem aus juristischer Sicht nichts entgegen. Der Kantonsrat dürfe auch nach der Einreichung einer Initiative im gleichen Themenbereich legiferieren. Fairnesshalber müssten dann aber beide Artikel am gleichen Tag zur Abstimmung kommen. Weder die Initianten noch die Stimmberechtigten würden dadurch Nachteile erfahren, dass einer Verfassungsinitiative ein Gegenvorschlag auf Gesetzesstufe gegenübergestellt werde. Dabei müsse, wie bei Gegenvorschlägen vorgeschrieben, das doppelte Ja mit Stichfrage zur Anwendung kommen, sagte Schuhmacher.
siehe auch:
Kein Bazar über unsere Wohnqualität (Initiativkomitee)