Es gibt für die obersten Skyguide-Verantwortlichen zurzeit angenehmere Pflichten als das Erscheinen vor den Medien, selbst dann, wenn - wie am Mittwoch - ein ordentlicher Rechnungsabschluss zu präsentieren ist. Überlingen wirkt nachhaltig nach, das Misstrauen, gerade auch deutscher Journalisten, welche das Schweizer Flugsicherungsunternehmen mit Argusaugen beobachten, ist mit Händen zu greifen. Man würde es ja gern glauben, wenn CEO Rossier verkündet, beim Sicherheitsmanagement sei Skyguide auf gutem Wege. Und wenn er darauf verweist, im Unternehmen habe man sich der Kultur verschrieben, sämtliche Vorkommnisse und Sicherheitsrisiken minuziös zu erfassen und darauf basierend Korrekturmassnahmen umzusetzen.
Neuere Befunde sprechen vom Gegenteil. Das Bundesamt für Zivilluftfahrt (BAZL) hat vor gut zwei Wochen in einem Bericht zur von ihm wegen nicht erbrachter Sicherheitsnachweise verfügten Sistierung des Projekts «Oberer Luftraum Schweiz» festgehalten, eine etablierte Kultur der stetigen Verbesserung gebe es bei Skyguide nicht oder in zu schwacher Form. Es ist nicht vertrauensfördernd, wenn Verwaltungsratspräsident Emmenegger an der Bilanzpressekonferenz einerseits verkündet, man nehme die Kritik des BAZL sehr ernst, dann aber die Unterlassungen massgeblich einfach mit «Paperwork»-Defiziten begründet. Und wenn, wie vor Wochenfrist geschehen, Skyguide einen Bericht des Büros für Flugunfalluntersuchungen (BFU) zu zwei Bildschirmausfällen im Jahr 2003 mittels Mediencommuniqué wortreich zurückweist. Das BFU hatte festgestellt, dass undokumentierte Eingriffe am Flugsicherungssystem erfolgt waren und dass nach der ersten Panne die Daten nicht mehr greifbar waren, um den Fall zu rekonstruieren und entsprechende Lehren daraus zu ziehen. - Tendenzen zum Schönreden sind auch anderswo auszumachen. Die Zusammenlegung von ziviler und militärischer Flugsicherung steht heute nicht dort, wo man sie gerne hätte. Wie man hört, ist bis auf die Kommandostufe der Luftwaffe hinauf schon die Frage erörtert worden, wer die Einsätze der militärischen Flieger denn nun leite. Unter welchem Zeitdruck, mit wie viel Ehrgeiz ist der Schritt vorangetrieben worden? Wie seriös war die Einführung des neuen Flugsicherungssystems Atmas vorbereitet, die in einem Flop endete, der ins Geld ging? Wie gut überlegt war die Verlegung des Hauptsitzes von Bern nach Genf, die Skyguide wertvolle Mitarbeiter kostete?
Inwieweit schalten und walten die Rossier unterstellten Chefs der Operation und der Technik nach Belieben? Fühlt sich im Unternehmen jemand zuständig dafür, die Arbeitszufriedenheit wieder zu erhöhen und die beiden «Firmen» völlig unterschiedlicher Kultur in Zürich und Genf wieder zusammenzuführen? Natürlich, Skyguide operiert in einem garstigen Umfeld. Deutschland will und will offenbar nicht zahlen, wohl wissend, dass für die schweizerische Seite ein Wechsel in der Zuständigkeit der beiden Flugsicherungen kurz vor dem Aufsetzen der Flugzeuge in Zürich ein inakzeptabler operationeller Unfug wäre. Stellt es die Politik nicht geschickt genug an, könnte in Genf mittelfristig Ähnliches drohen.
Zu plädieren wäre in vielen Bereichen für einfachere Lösungen, weniger Prestige- und Pioniervorhaben, vor allem aber für die Erledigung der dringendsten Hausaufgaben. Diese berühren im Luftverkehr systemimmanent zuvorderst die Sicherheit. Am Bund als 99-Prozent-Eigentümer der Skyguide ist es, zu prüfen, ob in Verwaltungsrat und Management die hiefür notwendigen Ressourcen vereint sind.