Hat Bazl-Direktor Cron doch nicht alles zugegeben? (TA)

Publiziert von VFSNinfo am

Juristen sagen, die Ermittlungen gegen Raymond Cron, Direktor des Bundesamtes für Zivilluftfahrt, könnten auch dessen Chef Leuenberger schaden. Der hält aber weiterhin an Cron fest.

Raymond Cron, Direktor des Bundesamtes für Zivilluftfahrt (Bazl), teilte am21. November an einer eilends einberufenen Medienkonferenz mit, er habe zwischen Januar 2002 und Juli 2003 als Spartenleiter der Bauunternehmung Batigroup sieben besonders engagierte Mitarbeiter mit Sonderprämien in der Gesamthöhe von 180 000 Franken begünstigt. Diese Boni hatte er gegen den ausdrücklichen Willen von Werner Helfenstein, CEO der Batigroup, ausbezahlt. Am 21. November eröffnete die Basler Staatsanwaltschaft deshalb gegen den ehemaligen Basler CVP-Politiker Cron eine Strafuntersuchung.

In einem Artikel in der aktuellen Ausgabe der «Weltwoche» wird nun behauptet, die Affäre Cron reiche «viel tiefer, als dieser bisher zugegeben» habe. Das Blatt kritisiert, Cron habe seinem Chef Moritz Leuenberger gegenüber nur die Summe von 180 000 Schweizer- franken und die Zahl von sieben Begünstigten genannt. Details über das Vorgehen habe er aber verschwiegen. Fragwürdig sei, dass Leuenberger dem Bazl-Manager dennoch vertraue.

Tatsächlich will Verkehrsminister Leuenberger den angeschlagenen Cron nicht preisgeben. Deshalb stellte er sich schon am 21. November vor seinen Amtsdirektor, der für seine Arbeit bisher viel Lob erntete. Dessen Vergehen, begründete Leuenberger, «hat mit seiner heutigen Stellung keinen Zusammenhang». Zumal Cron ihn «persönlich und umfassend» über seine Verfehlungen orientiert habe.

Leuenberger: Keine neuen Fakten

Davon gehe man weiterhin aus, heisst es im Departement. André Simonazzi, Sprecher von Leuenberger, sagt: «Aus unserer Sicht sind gar keine neuen Fakten auf dem Tisch.» Und Interpretationen von vorhandenen Fakten kommentiere man nicht. «Es liegt an der Justiz, die Taten von Herrn Cron zu beurteilen. Wir sehen keinen Grund, von der bisherigen Haltung abzuweichen», zitiert Simonazzi seinen Chef.

Was aber sagt Cron selbst? Der Bazl-Direktor verwies gestern an seinen Anwalt Michael Pfeifer. Hat sein Mandant Departementschef Leuenberger wesentliche Tatbestände vorenthalten? Pfeifer beantwortet diese Frage sehr vorsichtig. Dabei entlastet er Cron aber nicht vollständig vom Verdacht, Bundesrat Leuenberger möglicherweise nicht ganz reinen Wein eingeschenkt zu haben. Der Anwalt sagt: «Soweit ich es heute beurteilen kann, hat mein Mandant gegenüber Herrn Leuenberger alles offen gelegt.» Wie in jedem laufenden Strafverfahren, relativiert Pfeifer aber, könne er «stündlich neue Entwicklungen» nicht ausschliessen.

Akten der Staatsanwaltschaft zeigten nämlich, schreibt die «Weltwoche», dass es sich bei Crons Verfehlungen nicht einfach um «Sonderprämien» handle. Es gehe vielmehr «um eine Belohnung für illegale Dienste». Konkret soll Cron dem Batigroup-Controller L. 26 000 Franken zugesteckt haben. So habe sich Cron dafür bedankt, dass L. ihm ein System zur Finanzierung schwarzer Kassen aufgebaut habe.

Heute bezeichne sich L. «als Opfer, das von Cron zum Delinquieren angestiftet worden sei». Das bringe dessen «beschönigende Darstellung ins Wanken». Das Fazit: Weil Leuenberger seinem Direktor trotzdem noch vertraue, werde der Fall nun wohl «zum Fall Leuenberger».

Diesen Schluss hat die SVP schon Ende November gezogen. Die Partei möchte den Verkehrsminister zu Gunsten von Christoph Blocher aus dem Departement vertreiben. Der Fall Cron kommt der SVP gelegen, denn nun kann sie den Druck noch erhöhen. Unbesehen davon, ob sich die Affäre ausweitet, sagt Parteipräsident Ueli Maurer: «Wir schiessen nicht auf den Chefbeamten. Raymond Cron wird wohl eher ein Problem für Leuenberger selbst.»

Cron sei schon jetzt ein solches Problem für Leuenberger, sagen Juristen. Sie gehen einen Schritt weiter als Maurer. Ständerat Hans-Ruedi Stadler (CVP, UR), Rechtsanwalt und Mitglied der Geschäftsprüfungskommission, sagt, Bazl-Direktor Cron leiste zwar eine «super Arbeit», doch der Straftatbestand der Veruntreuung lasse sich kaum beschönigen - egal ob es neue Fakten gebe oder nicht. «Es dürfte eng werden für Cron», folgert Stadler.

Auch Linke gehen auf Distanz

Der Druck auf Leuenberger steigt. Selbst Rechtsanwälte im linken Politspektrum verstehen nicht, warum der SP-Bundesrat weiter an Cron festhält - zumal dieser vor den Medien eingeräumt hatte, er rechne mit einer Verurteilung. Müsste der Verkehrsminister seinen Amtsdirektor absetzen? So präzis will die Linke Leuenberger in Personalfragen nicht dreinreden.

Doch sie fürchtet, Leuenberger werde Cron nach einer Verurteilung nicht halten können. Nationalrat Paul Rechsteiner (SP, SG), Anwalt und Präsident des Gewerkschaftsbundes, sagt dezidiert: «Ich halte die Tat und den Verdächtigen deshalb in seiner verantwortungsvollen Funktion als Amtsdirektor für intolerabel.» Und Rechtsanwalt Daniel Vischer (Grüne, ZH), Präsident der Rechtskommission des Nationalrates, anerkennt zwar, dass Verdächtige in einem Strafverfahren etwas vertuschen dürfen; «stellt sich aber heraus, dass dies ein Amtsdirektor tut, dann ergäben sich für Leuenberger personalrechtlich massive Probleme».

Die Partei von Leuenberger grenzt sich ab. Dieser müsse nun «selbst wissen, ob er Raymond Cron weiterhin vertrauen will», sagte SP-Präsident Hans-Jürg Fehr. «Ich mische mich da nicht ein.» (TA; 09.12.05)