Die Stablampenzünder sind doch keine Sünder (TA)

Publiziert von VFSNinfo am

Die «Pilotenblender» von Gockhausen haben weder kriminell noch leichtsinnig gehandelt. Hat Unique sie nur angezeigt, um die Fluglärmgegner in der Südschneise einzuschüchtern?

Von Erwin Haas

Zürich/Kloten. - Das Urteil des Obergerichts von Ende Mai ist eindeutig: Die beiden Rentner, die an einem frühen Morgen im Januar 2004 den Lichtstrahl von Stablampen auf Flugzeuge richteten, die im Südanflug nach Kloten über Gockhausen donnerten, haben weder gesetzeswidrig noch leichtsinnig oder verwerflich gehandelt. Es gebe gar keine Gesetzesnorm, die sie verletzt haben könnten, hält das Obergericht fest. Folglich sei es auch nicht ge rechtfertigt, ihnen die Kosten für die Strafuntersuchung in Rechnung zu stellen.

Zu Unrecht zur Kasse gebeten

Genau dies hatte ein Ustermer Bezirksanwalt aber verfügt. Die Untersuchung wegen «Störung des öffentlichen Verkehrs» hatte er im letzten September zwar eingestellt. Ein Gutachten hatte den Lampen die Leuchtkraft von Autoscheinwerfern bescheinigt, sie aber als harmlos taxiert. Piloten hatten von einer Störung, aber nicht von Gefahr gesprochen. Doch der Bezirksanwalt hatte die Rentner bezichtigt, mit der Aktion fahrlässig ein Verfahren ausgelöst zu haben. Deshalb müssten sie die Hälfte der Untersuchung bezahlen. Adolf Spörri, der Rechtsanwalt der Rentner, verlangte darauf eine gerichtliche Beurteilung. Als ein Einzelrichter den Entscheid des Bezirksanwalts stützte, ohne sich mit den Verteidigungsargumenten auseinander zu setzen, gelangte Spörri ans Obergericht. Dieses hat ihm jetzt Recht gegeben: Die Staatskasse muss die Untersuchungskosten von rund 1800 Franken übernehmen, und die Rentner erhalten Genugtuungsgeld und Entschädigungen - nicht 280 Franken pro Anwaltsstunde wie verlangt, aber immerhin 230.

«Ein politisch motiviertes Verfahren»

Damit wird der Fall aber noch nicht ad acta gelegt. Was wie eine Provinzposse klingt, ist für Anwalt Spörri nämlich ein Ernstfall, der die Gewaltentrennung in Frage stellt. Er ärgert sich nicht nur über die unverhältnismässige Polizeiaktion gegen die Rentner und das unnötige Verfahren, das den Steuerzahler zusammen mit dem eidgenössischen Gutachten über die Leuchtkraft der Stablampen mittlerweile Zehntausende von Franken gekostet haben dürfte. Spörri, selber in Gockhausen wohnhaft, spricht von einem politisch motivierten Vorgehen, mit dem die Staatsgewalt unliebsamen Kritikern der Südanflüge eins auswischen und die protestierenden Südschneiser exemplarisch einschüchtern wollte. Es gehe nicht an, dass der Rechtsstaat Schweiz nach Diktatorenmanier am geltenden Recht vorbei urteile.

Auslöser des Verfahrens sei Unique gewesen, sagt Spörri. Die flughafeninterne Aufsichtsbehörde habe in jener Nacht die Polizei mobilisiert - obwohl Fachleute wie der Swiss-Safety-Chef Jürg Schmid schon im Dezember 2003 sagten, solche Leucht-aktionen seien ungefährlich. Nach dem Urteil des Obergerichts muss die Zweigstelle Flughafen der Staatsanwaltschaft Winterthur/Unterland jetzt prüfen, ob Unique die Rentner wider besseres Wissen angezeigt hat. «Falsche Anschuldigung» und «Irreführung der Rechtspflege» sind Offizialdelikte und werden mit Zuchthaus oder Gefängnis bestraft.

Unique hat bisher stets betont, keine Anzeige erstattet, sondern nur die Meldung von Piloten, sie würden geblendet, an die Polizei weitergeleitet zu haben.

Tages-Anzeiger, 16.06.2005


Kommentar VFSN:
Wir gratulieren den Gockhausern, dass sie standhaft geblieben sind und schlussendlich Recht erhalten haben. So muss es auch mit den widerrechtlichen Südanflügen geschehen, sobald unsere Beschwerden endlich behandelt werden. Wir kämpfen weiter und bleiben standhaft !!!