Wie Verwaltungsrat und Politik die Swiss an die Lufthansa verschachern (SZ)

Publiziert von VFSNinfo am
Während letzten Montag alle gebannt auf die Zürcher Nobelkanzlei Niederer Kraft   &   Frey starrten, geschah in Bern Entscheidendes. Während in Zürich den Vertretern der Grossinvestoren spärliche Angaben zum Lufthansa-Deal erläutert wurden, trafen sich im bundeseigenen Von-Wattenwyl-Haus die wichtigsten Wirtschaftsführer der Schweiz mit Pascal Couchepin. Sechs «Wirtschaftsführer im Kaliber Guts», so Couchepins Mediensprecher, erfuhren die entscheidenden Details. Offizieller Anlass für das Treffen: die Verabschiedung Rainer E. Guts als bedeutendster Wirtschaftsführer der Schweiz. Auf Einladung von Couchepin besprach Gut, der laut eigenen Angaben das Geschehen um die Swiss nur als «interessierter Zeitungsleser» verfolgt, mit Leuten wie CS-Präsident Walter Kielholz die Zukunft der Schweizer Fluggesellschaft. Eigentlich war geplant, dass das Treffen wie auch die offizielle Information der Investoren im Geheimen durchgeführt würden. Der Plan war, die Swiss unter Ausschluss der Öffentlichkeit zu verschachern. Der Deal wäre erst am 22.   März nach der Zustimmung aller involvierten Kreise bekannt gegeben worden. Doch es kam anders. Nachdem es am Freitag in Deutschland zu gezielten Indiskretionen kam und die Sonntagszeitungen die Eckdaten zum Plan veröffentlichten, musste die Swiss aus börsenrechtlichen Gründen an die Öffentlichkeit treten und konnte nicht wie bei früheren Gelegenheiten dementieren.

Auszüge:

Seit Oktober wurde der Deal verhandelt. Pieter Bouw hat ihn eingefädelt. Bei allen grossen Airlines hat er angeklopft und die Swiss angeboten. Niemand wollte zupacken, nur die Lufthansa hat angebissen. Und wenigstens auf absehbare Zeit ist es attraktiv, was uns Verantwortliche der Swiss und Lufthansa vorschlagen: Die Swiss bleibt eine eigenständige Tochtergesellschaft der Lufthansa mit einem Verwaltungsrat mit Schweizer Beteiligung. Das Management bleibt es besteht ja vorwiegend aus Lufthansa-Leuten. Der Hub soll weiter betrieben werden. Und als spezielles Zückerchen lockt die Lufthansa mit einem Aufsichtsratssitz für die Eidgenossenschaft. Damit sässen neben Josef Ackermann gleich zwei Schweizer im Kontrollgremium.

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Der Bund soll der Lufthansa den Ausbau des Flughafens garantieren.
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Ein Pokerspiel versuchen die Zürcher. Ziel ist es, Bundesrat Merz davon zu überzeugen, dass die Schweizer Seite Spielraum hat. Der Bund soll der Lufthansa zusichern, dass Zürich als grosser Reserve- oder Ersatz-Hub zur Verfügung steht und bis auf 420 000 Flugbewegungen ausgebaut werden könnte. Im Gegenzug soll die Lufthansa dafür sorgen, dass der Fluglärmstreit in Zürich endet und damit der Goodwill fürs Fliegen und für den 300-Millionen-Abschreiber des Kantons gesteigert werden kann. Konkret: Lufthansa soll veranlassen, dass wie früher von Norden her gelandet wird. 

Sonntagszeitung, 20.03.2005