Bern nimmt Abschied von seinem Krüppelkind Swiss: Ein Plädoyer für eine Wirtschaftspolitik ohne Politik.
Bevor professionelle Legendenbildner alle Wahrheiten zudecken, sind in den Tagen des Abschieds von der Swiss und von einer eigenständigen Schweizer Luftfahrtunternehmung die Fakten festzuhalten. Nur dies lässt hoffen, dass der Verlust der vier Milliarden womöglich nicht ganz umsonst war. Das besonders widerwärtige Beispiel für Staatsinterventionismus müsste die Politik nachhaltig umkrempeln. (Weltwoche, 17.03.05)Auszüge:
Die Swissair war während Jahrzehnten eine erfolgreiche Gesellschaft, die von einem kleinen Heimmarkt aus die ganze Welt anflog, die bessere Zeiten kannte und schlechtere Phasen durchmachte, sich aber lange behauptete. Erst als eine satte und selbstgefällige FDP-Clique ohne Sachverstand sich im Cockpit breit machte, begann der Absturz. Schuld daran ist nicht der enge Schweizer Raum. Unter den gleichen Bedingungen wuchs Nestlé zum grössten Nahrungsmittelkonzern der Welt, stiegen Schweizer Banken und die Pharmaindustrie zu globalen Playern auf. Es gibt nicht kleine und grosse Umstände, sondern nur gute oder schlechte Unternehmer. Die prominente Swissair-Crew taugte nichts und hätte in den Konkurs fliegen müssen.
Der Bund, angeführt von Finanzminister Kaspar Villiger (FDP) und Moritz Leuenberger (SP), ersparte den Nieten diese Schmach. Das mit nationalistisch-patriotischem Hurra verkaufte Konzept zur «Sicherung der internationalen Anbindung der Schweiz» war in Wahrheit keine Aktion zum Wohle des Landes und der Bevölkerung, sondern Staatsschutz für eine Equipe, die abgewirtschaftet hatte, ein skandalöser Verschleiss öffentlicher Gelder für private Zwecke.
Die Basis der Rettungs-Fluggesellschaft Swiss war folglich eine glatte Lüge. Obwohl Bundesrat Villiger aktenkundig genau im Bilde war, dass das gewählte Geschäftsmodell (26/26/82 Kurz-, Mittel- und Langstreckenflugzeuge) gar nicht rentabel sein konnte, täuschte er im Herbst 2001 Parlament und Öffentlichkeit mit nachweislich falschen Versprechungen. Peter Siegenthaler (SP), Direktor der Eidgenössischen Finanzverwaltung und Vertreter des Bundes im Swiss-Verwaltungsrat, räumte intern locker ein, dass die Gesellschaft so nicht überleben werde.
Die nachhaltige Lektion lautet, dass alle wirtschaftliche Tätigkeit noch konsequenter auf Markt und Wettbewerb auszurichten ist. Diese liberale These wurde lange bestritten. Der vier Milliarden teure Feldversuch hat sie nun definitiv bestätigt.