Die Flughafen Zürich AG hat Anfang Woche über die Verkehrszahlen für das Jahr 2019 informiert. Einmal mehr gab es Rekorde zu vermelden: 31,5 Millionen Passagiere flogen über den Flughafen Zürich, so viele wie noch nie. Und auch im Kommerzbereich lief das Geschäft wie geschmiert: Die Läden im landseitigen Bereich des Flughafens machten 2,6 Prozent mehr Umsatz, die Luxusgütern im Passagierbereich verkauften sich ebenfalls gut und auch die Gastronomie trug ihren Teil dazu bei. Insgesamt kam so ein Kommerzumsatz von über 600 Millionen Franken zusammen, ebenfalls ein Rekord.
Weniger Starts und Landungen
Am Flughafen Zürich nix Neues, könnte man nun meinen. Wie in den Vorjahren purzelten die Rekorde wieder. Schaut man sich die letzten zehn Jahre an, zeigt die Kurve stets nur nach oben.
Doch ganz so einfach ist es nicht. Tatsächlich ist vieles anders als in den vergangenen fünf Jahren. So etwa bei den Passagierzahlen. Zwar konnte sich der Flughafen hier nochmals steigern, doch das Wachstum ist deutlich weniger geworden. Seit 2015 steigerte der Flughafen sein Passagiervolumen jährlich um über 1,3 Millionen. Letztmals einen Zuwachs von weniger als einer Millionen verzeichnete man von 2014 auf 2015, damals kamen 803000 Passagier dazu. Dieses Jahr betrug das Wachstum weniger als die Hälfte, steigerte sich mit 393000 um gerade mal 1,3 Prozent (Vorjahr: 5,8 Prozent).
Der Flughafen ist davon aber nicht beunruhigt. Denn die Zahlen entsprechen den Erwartungen. «Im Gegensatz zum enormen Passagierwachstum der vergangenen Jahre sind wir von einem tieferen Wachstum, sprich von einer Konsolidierung, für 2019 ausgegangen», erklärt Mediensprecherin Sonja Zöchling Stucki. «Zum langsamen Wachstum kamen auch die rückläufige Konjunktur und die Strechenglättungen verschiedener Fluggesellschaften dazu. So haben beispielsweise Vueling oder auch Easyjet ihr Streckennetz gegennüber dem Vorjahr ausgedünnt.»
Klima beeinflusste Flugverhalten nicht
Keine Rolle gespielt hat gemäss dem Flughafen hingegen die Diskussion um den Klimawandel. «Wir können keinen direkten Zusammenhang mit der Klimabewegung herstellen», sagt Zöchling Stucki. Fakt sei, dass die Zahl der Passagiere auch im letzten Jahr gestiegen sei, wenn auch weniger stark als in den Jahren davor. Dies aber bei rückläufigen Zahlen bei den Flugbewegungen. Konkret gab es in Kloten im vergangenen Jahr 275328 Starts und Landungen, 3130 weniger als 2018. Zu Beginn des Jahres nahmen die Flugbewegungen noch moderat zu oder blieben stabil. Doch ab August lässt sich ein starker Rückgang beobachten: In diesem Monat wurden im Vergleich zum Vorjahr 1,8 Prozent weniger Starts und Landungen gezählt, im September 1,9 Prozent, im Oktober 4 Prozent, im November 5,9 Prozent und im Dezember 5 Prozent. Da die Anzahl Passagiere aber zunahm, hat sich immerhin die Auslastung der einzelnen Flugzeuge verbessert.
Markanter Rückgang des Frachtvolumens
Definitiv aufhorchen lässt indes nicht die Passagierstatistik, sondern das Frachtvolumen für das letzte Jahr. Dort sind die Zahlen regelrecht eingebrochen.
Am extremsten war der Rückgang im Juni: 2019 wurden in jenem Monat 11 Prozent weniger Fracht als in der Vorjahresperiode abgewickelt.
Insgesamt wurden im vergangenen Jahr 451827 Tonnen Fracht 2019 transportiert, das entspricht einem Minus von 8,4 Prozent. Das Frachtvolumen gilt als wichtiger Indikator für die Wirtschaft. Sinkt es, kann es ein Hinweis darauf sein, dass der wirtschaftliche Aufschwung seinen Zenit überschritten hat. Der Grund: Per Flugzeug wird die Fracht relativ kurzfristig abgewickelt, entsprechend zeigt sich hier am frühesten, wenn Teile der Wirtschaft beginnen, ihre Strategie zu ändern und etwa sparsamer investieren. In gewissen flughafennahen Kreisen existiert gar die Faustregel, dass auf einen Rückgang bei der Fracht auch ein Rückgang der Passagierzahlen erfolgt. Die Flughafen Zürich AG teilt diese Einschätzung allerdings nicht. «Der Schweizer Markt ist zu klein, um eine verlässliche Aussage dazu zu machen. Dazu müsste man die Volumina auf der europäischen Ebene anschauen.»
Wie der Flughafen selbst mit den Zahlen für das letzte Jahr zufrieden ist, darüber schweigt er sich noch aus. Mediensprecherin Sonja Zöchling Stucki verweist auf die Bilanzmedienkonferenz am 10. März. Dort werde die Geschäftsleitung das Jahresergebnis erläutern.
Zürcher Unterländer, 14.01.2020