Die Zürcher Fluglärm-Mediation ist gescheitert. Die 28 Interessensgruppen konnten sich beim Treffen in Glattbrugg nicht auf die weitere Vorgehensweise einigen und beendeten die Mediation vor deren eigentlichem Beginn. Damit hat das Verfahren, das von Bundesrat Moritz Leuenberger initiiert wurde, bereits in der Vorbereitungsphase Schiffbruch erlitten.
(sda) Es sei «hart und lange verhandelt worden», sagte der Leiter des Mediationteams, Wolfgang Wörnhard, nach der bis tief in die Nacht dauernden Sitzung. Da es keinen Konsens gegeben habe, komme es auf Wunsch der Beteiligten zu keiner Mediation. «Alle, die präsent waren, kamen zum Schluss, dass es so nicht geht», sagte die Zürcher Regierungsrätin Rita Fuhrer am frühen Freitagmorgen in einer ersten Reaktion.
«Ich bedaure das Scheitern sehr, weil die Mediation ein neuer Weg gewesen wäre, um das Problem anzugehen», sagte Fuhrer weiter. Unique-Chef Josef Felder erklärte, dass nichts anderes übrig bleibe, als «den gegebenen demokratischen Weg zu gehen». Wichtig sei, «dass wir eine Rechtssicherheit erlangen, für die Nachbarn des Flughafens, wie auch für Unique».
Bürgerorganisationen stellen sich quer
Unique war zusammen mit dem Eidgenössischen Departement für Umwelt, Verkehr, Energie und Kommunikation (UVEK) sowie dem Kanton Zürich Auftraggeber der Mediation. Wie nach der Sitzung verlautete, scheiterte das Mediationsprojekt an der Frage der Vertretung der Bürgerorganisationen in der 15-köpfigen Koordinationsgruppe. Für Kurt Klose von der Fluglärmsolidarität/Flugwehr Ost war es inakzeptabel, dass dem Süden ein Sitz in der Kooordinationsgruppe zugestanden worden wäre, während Bürgerorganisationen aus dem Norden, dem Osten und dem Westen gemeinsam nur einen Sitz gehabt hätten.
Projekt «Relief» als Stein des Anstosses
Dies sei insbesondere im Zusammenhang mit dem kürzlich vorgestellten Projekt «Relief» des Kantons Zürich problematisch. Im Rahmen des Projekts erarbeiteten Experten aus der Schweiz, Deutschland und den Niederlanden zwischen 2002 und 2004 neue Grundlagen für die Raumplanung in der Region des Flughafens Zürich. Die Vorschläge sehen unter anderem einen Verzicht auf Südanflüge sowie mehr Landungen von Osten her vor. Deshalb, so Klose, wäre es wichtig gewesen, wenn die Bürgerorganisation des Ostens einen Sitz in der Koordinationsgruppe gehabt hätte.
Idee im Herbst 2003 lanciert
Die Koordinationsgruppe hätte die Spielregeln für die eigentliche Mediation aufstellen sollen. Dazu gehörten Punkte wie Ziele und Erwartungen sowie ein Arbeitsplan. Die Idee einer Zürcher Flughafen-Mediation war im letzten Herbst von Bundesrat Leuenberger lanciert worden. Direkter Anlass war der Streit der letzten Jahre im Zusammenhang mit dem gescheiterten Staatsvertrag mit Deutschland.
Weil die eidgenössischen Räte 2002 diesen Vertrag ablehnten, setzte die deutsche Seite letztes Jahr eine Verordnung mit Sperrzeiten für Überflüge über Süddeutschland in Kraft. Eine Folge davon waren unter anderem die umstrittenen Südanflüge.
Über diese und weitere Themen im Zusammenhang mit dem Flughafen Zürich diskutierten in Glattbrugg nebst den Bürgerorganisationen, dem Kanton Zürich und Unique auch sechs weitere Kantone, Wirtschafts- und Gemeindeverbände, süddeutsche Landkreise sowie Fluglärm- und Umweltorganisationen.
Leuenberger «zutiefst enttäuscht»
Bundesrat Moritz Leuenberger ist «zutiefst enttäuscht», dass die Mediation schon vor dem eigentlichen Start gescheitert ist.
Der Verkehrsminister wertet den Abbruch gegenüber als «schweren Rückschlag» für die Bemühungen um eine Lösung des Fluglärmproblems um den Zürcher Flughafen. Dass das Verfahren scheitern könne, sei allerdings von Anfang an klar gewesen.
NZZ, 16.07.2004