Warten auf ein Wunder (TA)

Publiziert von VFSNinfo am
Zürich-Redaktorin Liliane Minor über den Staatsvertrag zum Fluglärm.

Der Fluglärm bleibt ein Schrecken ohne Ende: Das schrieb der «Tages-Anzeiger» am 22. April 2003. Einen Monat zuvor hatte der Ständerat den ersten Staats­vertrag mit Deutschland gebodigt – und Deutschland hatte umgehend die heute noch gültigen Anflug­beschränkungen über Süddeutschland erlassen.

Inzwischen sind zwölf Jahre ins Land gezogen. Es liegt ein neuer Staatsvertrag vor. Und der obige Satz hat noch immer Gültigkeit: Der Fluglärm bleibt ein Schrecken ohne Ende. Nur ist es jetzt Deutschland, das sich gegen das neue Abkommen sträubt. Zwar liegt der Vertrag «nur» in der Schublade – aber er ist klinisch tot, eine Wiederbelebung unwahrscheinlich.

Damit wiederholt sich die Geschichte: In beiden Fällen wurde die Fluglärm-Einigung wider besseres Wissen gekippt. Die Schweiz wusste 2003, dass Deutschland bei einem Nein schärfere, einseitige Regeln erlassen würde. Deutschland muss heute klar sein, dass eine besseres Abkommen eine Illusion ist. Der vorliegende Staatsvertrag würde Süddeutschland täglich zweieinhalb Stunden mehr Ruhe bringen – eine grössere Kröte wird die Schweiz nicht schlucken. Und eine neue, schärfere einseitige Verordnung wäre ein ungeheurer Affront. Schliesslich hat die Schweiz den Vertrag ratifiziert.

Es herrscht Misstrauen

Das Misstrauen ist inzwischen auf beiden Seiten gewaltig. Und daran trägt längst nicht mehr nur die Schweiz Schuld, die ihre Nachbarn lange nicht ernst genommen hat. Mittlerweile spielen auch deutsche Politiker eine traurige Rolle. Sie beharren auf einer ­fixen Anzahl Flugbewegungen und scheuen sich, ­ihren Wählern reinen Wein einzuschenken – ihre ­Wiederwahl scheint ihnen wichtiger als Ruhe.

Mit den aktuellen Politikern müsste schon ein Wunder geschehen, damit eine Einigung auf Basis des Vertrags zustande kommt. Der Status quo dürfte noch jahrelang erhalten bleiben – mit allen Unsicherheiten. Mag sein, dass etliche Beteiligte genau das anstreben. Für die Schweiz ist es nicht die schlechteste Lösung: So bleiben ihr 20\'000 Flüge pro Jahr und viel Ärger in der Ostanflugschneise erspart. In Süddeutschland aber bleibt der Fluglärm ein Schrecken ohne Ende.

Tages-Anzeiger, 05.06.2015




Kommentar VFSN: Eine Anmerkung zur Aussage: "In Süddeutschland aber bleibt der Fluglärm ein Schrecken ohne Ende." Auf Süddeutschland fällt nur 2% des Fluglärms, Waldshut wird mit minimal 900 m und einem horizontalem Abstand von 1000m überflogen. Wo Bewohner Süddeutschlands wirklich Fluglärm haben, wird dieser vom Strassenlärm übertönt. In allen anderen Flughäfen Deutschlands werden Anwohner die so weit vom Flughafen wohnen nicht einmal angehört. So gross kann der Schrecken nicht sein!



siehe auch:
Der Staatsvertrag zum Fluglärm ist kaum noch zu retten (TA)
«Nicht nur über Lärm diskutieren» (TA)