Von Christian Maurer
ZüRICH · Bei der Prüfung des so genannten gekröpften Nordanflugs auf den Zürcher Flughafen geht es nun doch vorwärts. In zehn Tagen sollen sich die Geschäftsleitungen des Bundesamts für Zivilluftfahrt (Bazl), der Flugsicherungsfirma Skyguide und der Flughafenbetreiberin Unique treffen. Die drei Parteien sollen dabei die Zuständigkeiten für die Machbarkeitsprüfung klären und einen Zeitplan erstellen.
Eine grobe Variantenskizze mit Eckwerten, welche die Auswirkungen punkto Betrieb und Lärm aufzeigen, hätten Skyguide- und Bazl-Experten bereits Ende Februar in einem Protokoll festgehalten, sagt Hugo Schittenhelm, Sprecher in Moritz Leuenbergers Departement für Umwelt, Verkehr, Energie und Kommunikation (Uvek). An einer raschen Umsetzung, wie sie die Zürcher Volkswirtschaftsdirektorin Rita Fuhrer vorschwebt, zweifelt man im Uvek allerdings. «Die Prüfung der Machbarkeit dauert länger», warnt Schittenhelm. Und: «Ob der gekröpfte Nordanflug überhaupt umgesetzt wird, hängt von der Mediation ab.»
Skyguide stellte sich gegen gekröpften Nordanflug, das Bazl blieb untätig
Damit ist klar: Nur schon ein Versuchsbetrieb mit dem gekröpften Nordanflug hat in Bern nicht die gleich hohe Priorität wie die definitive Einführung des Südanflugs auf Grund des von Deutschland einseitig erlassenen Diktats, welches die normalen Nordanflüge auf Zürich über Süddeutschland seit letztem Oktober massiv einschränkt.
Und wie gemächlich das Tempo bei der Prüfung des gekröpften Nordanflugs bis anhin war, zeigen Unterlagen, die der SonntagsZeitung vorliegen: Demnach beabsichtigte Unique seit dem letzten Sommer zwar, den gekröpften Nordanflug prüfen zu lassen. Doch die Flugsicherung stellte sich quer: Skyguide beschied Unique im August 2003, dass sie «frühestens im Jahr 2005 Personalressourcen» dafür habe. Und die Luftfahrtaufsicht Bazl blieb völlig untätig.
Ganz anders ging die Einführung der Südanflüge vonstatten. Der Bund übernahm die Führung - und entsprechend schnell ging es voran. Das stellt auch die Zürcher Regierungsrätin Rita Fuhrer, seit Anfang Jahr zuständig für den Flughafen, fest: «Im Unterschied zur Prüfung der gekröpften Nordanflüge hat bei der sehr schnellen Einführung der Südanflüge das Bazl die Führung übernommen.» Skyguide habe sofort mitgearbeitet und mit der Installation des Instrumentenlandesystems begonnen.
Mitunter wurden bei der Schnelleinführung der Südanflüge sogar die Empfehlungen der internationalen Zivilluftfahrtorganisation Icao nicht vollständig umgesetzt. In Skyguide- internen Sicherheitsüberprüfungen, die der SonntagsZeitung vorliegen, kamen 36 Schwachpunkte zum Vorschein. So heisst es im Zusammenhang mit dem Südanflug auf die Piste 34, die Sicherheitsmargen über dem Pfannenstiel seien «auf ihr striktes Minimum reduziert». Der kleinste Piloten- oder Lotsenfehler «könne zu einem Absturz führen». Im Falle eines Zu-Stande-Kommens des Luftverkehr-Staatsvertrags zwischen der Schweiz und Deutschland hätte man sich sogar glatt über Icao-Empfehlungen hinweggesetzt.
Den gekröpften Nordanflug schaffen Piloten selbst bei schlechter Sicht
Swiss-Piloten, die den gekröpften Nordanflug schon vor gut zwei Jahren als Alternative zu den Südanflügen präsentierten, wundern sich darum, dass Skyguide und Bazl diesen Anflug mit einer buchstabengenauen Umsetzung der Icao-Empfehlungen zu verhindern suchen. «Der gekröpfte Nordanflug ist sogar bei schlechter Sicht möglich», sagt ein MD-11-Kapitän. Der Flug südlich der Grenze und die Kurve auf die Piste 14 oder 16 finde unter Radarführung des Fluglotsen statt. Der Pilot müsse bloss auf die Minimalhöhe von 3000 Fuss (rund 1000 Meter über Meer bzw. 400 Meter über Boden) achten. «Damit fliegt man spielend über den Stadlerberg hinweg» - dieser ist mit 600 Meter über Meer die höchste Bodenerhebung nördlich des Flughafens.
Der Endanflug auf den letzten sechs Meilen (11 Kilometer) - statt der von der Icao empfohlenen acht Meilen (15 Kilometer) - sei ein reiner Instrumentenanflug mit dem seit Jahren bewährten Instrumentenlandesystem (ILS). Der heutige Südanflug auf die Piste 34, wo noch kein ILS installiert ist, «ist viel weniger präzis als jeder gekröpfte Anflug, den wir schon morgen machen könnten», sagen Piloten.