Nach dem schlimmsten Flugjahr der Geschichte will man in New York die Stosszeiten entlasten.
Dies kann auch internationale Flüge treffen.
Von Walter Niederberger, New York
Rund ein Drittel aller Flüge in den USA führt über New York. Aber die Flughäfen John F. Kennedy (JFK), Newark Liberty and La Guardia sind auch die grössten Flaschenhälse des Landes: Sie sind für 75 Prozent aller Verspätungen in den USA verantwortlich. 2007 wird als schlimmstes Jahr in die Geschichte eingehen; noch nie wurden so viele Flüge verspätet abgefertigt oder ganz gestrichen. Die Luftfahrtbehörde will nun ein neues Verkehrskonzept einführen. Dabei werden Flüge aus den beliebten Morgen- und Abendstunden herausgenommen; neue Slots werden dem Meistbietenden versteigert.
Eine Folge des neuen Modells dürfte sein, dass internationale Flüge vermehrt tagsüber ankommen statt wie bisher am Morgen oder Abend. Reisende müssen sich darauf gefasst machen, zu ungewohnten Zeiten abzufliegen. Dafür sollten die Flüge pünktlicher ankommen and abfliegen, hofft die Luftfahrtbehörde.
Konkret vorgesehen ist, ab 2008 auf dem JFK-Flughafen in den Spitzenzeiten nur noch 82 oder 83 Flüge pro Stunde abzufertigen – ein Dutzend weniger als in der Hauptsaison diesen Sommer. Ohne diese Einschränkung wären 2008 bis zu 105 Flüge pro Stunde zu bewältigen gewesen, womit noch massivere Verspätungen absehbar gewesen wären. Auch Newark soll Auslastungsgrenzen erhalten – ein System, das auf dem vorwiegend auf Inlandverkehr ausgerichteten La Guardia bereits probeweise getestet wurde. Mit mässigem Erfolg allerdings.
Konsumenten unterstützen die Pläne: Als Übergangslösung sei die breitere Verteilung der Flüge akzeptabel, sagt eine Passagiervereinigung. Damit würden pro Tag zwischen 40 und 50 zusätzliche Flüge ermöglicht, vorwiegend am Morgen vor 8 Uhr. An Spitzentagen wickelt JFK bis zu 1200 Flüge ab. Die Wurzel des Übels werde damit allerdings nicht angegangen. Der US-Luftraum wird von einer Zentrale in Atlanta (Georgia) aus überwacht, die mit beinahe 20 Jahre alten Computern arbeitet. Wenn die Anlage zusammenbricht, wird die Steuerung einer Zentrale in Salt Lake City (Utah) übergeben; diese ist aber ebenfalls rasch am Anschlag. Heikel wird die Lage vor allem dann, wenn schwere Sommergewitter im Mittleren Westen niedergehen oder Winterstürme ganze Landstriche zudecken. In diesen Fällen sind auch die New Yorker Flughäfen betroffen, weil sich die Flüge aus dem Landesinnern verspäten und gleichzeitig Überseeflüge abgefertigt werden müssen.
Personalabbau erschwert die Lage
Erschwerend kommt hinzu, dass viele Airlines ihr Personal stark gestutzt haben. Kleinere Unternehmen wie Northwest geraten gegen Monatsende regelmässig an den Anschlag, weil die Piloten ihre zulässigen Flugstunden (100 pro Monat) bereits vorzeitig erreicht haben. Die Folge ist, dass Hunderte von Flügen gegen Monatsende gestrichen werden.
Diesen Sommer kamen nur mehr gerade 72 Prozent aller Flüge in der Region New York pünktlich an, so wenig wie noch nie seit 1995. Am schlimmsten war es im Juli, als in JFK nur knapp 60 Prozent der Flüge keine Verspätung hatten. Die Verspätungen haben die Reisenden nach Angaben des New Yorker Finanzchefs dieses Jahr über 200 Millionen Dollar gekostet.
Tages-Anzeiger, 21.12.2007, Seite 25