Der gekröpfte Nordanflug bleibt noch länger im Warteraum
Das Warten auf einen Entscheid zum gekröpften Nordanflug wird verlängert. Das Bundesamt für Zivilluftfahrt hat die Frist aus technischen Gründen auf einen unbestimmten Termin im Frühjahr verlängert. Derweil markieren die Anflug-Gegner im Süden des Flughafens Ungeduld, während die süddeutschen Nachbarn mit den Säbeln rasseln.
ark. Der namentlich in der Südschneise des Flughafens herbeigesehnte Entscheid war ursprünglich auf Ende Jahr angekündigt. Statt eines Verdikts zum gekröpften Nordanflug präsentierte das zuständige Bundesamt für Zivilluftfahrt (Bazl)am Mittwoch aber lediglich die Meldung, dass man sich weiter gedulden müsse. «Überarbeitung von Dokumenten nötig», heisst es im Titel der Meldung aus Bern. Dabei gehe es um die Anpassung einiger technischer Unterlagen. «Gestützt auf internationale Vorgaben, müssen die Fixpunkte zwischen Anfang-, Mittel- und Endsegment des Anflugs verschoben werden», erklärte Bazl-Sprecher Daniel Göring auf Anfrage. Zuständig für die Komplettierung des Gesuchs ist die Skyguide.
Kaum vor 2009Die überarbeiteten Dokumente sollen bis Ende Januar vorliegen. Göring wagte keine Prognose, wann mit einem Entscheid seiner Amtsstelle zu rechnen sei. «Ich hüte mich nach allen bisherigen Verzögerungen, ein genaues Datum zu nennen und den Leuten Sand in die Augen zu streuen», sagte er. Er wollte auch nicht bestätigen, dass vom Detailcharakter der verlangten Ergänzung auf eine wahrscheinliche Bewilligung des Gesuchs geschlossen werden darf. Erst wenn die Unterlagen komplett vorlägen, könne der Entscheid gefällt werden. Offen ist auch, ob das Bazl den mit Sicherheit eintreffenden Beschwerden gegen einen allfälligen positiven Entscheid die aufschiebende Wirkung zu entziehen gedenkt. Darüber wolle man zeitgleich mit dem Gesuch entscheiden, erklärte Göring. Auch Skyguide-Sprecher Patrick Herr will sich zeitlich nicht festlegen. Skyguide werde kaum mit der notwendigen Schulung der Mitarbeiter beginnen, solange nicht klar sei, ob der Anflug tatsächlich komme. Der Instanzenweg dürfte – auch beim Entzug der aufschiebenden Wirkung – mindestens ein halbes Jahr in Anspruch nehmen. Das heisst, Skyguide würde frühestens im Herbst mit der Schulung beginnen. Somit ist nicht davon auszugehen, dass der gekröpfte Nordanflug vor 2009 einsatzbereit wäre.
Im Süden des Flughafens wartet man unterdessen ungeduldig auf die Einführung des Verfahrens, das gemäss Unique an etwa 45 Prozent der Tage die morgendlichen Südanflüge zwischen 6 und 7 Uhr ersetzen könnte. Am Dienstag hat der Verein Flugschneise Süd – Nein (VFSN) in Bern eine Petition mit gut 14 000 Unterschriften eingereicht, die den Druck auf Bundesbern erhöhen soll, den gekröpften Nordanflug so schnell wie möglich einzuführen. Rein technisch scheint der Einführung des Verfahrens nichts entgegenzustehen, obwohl der Fluglotsen-Verband Aerocontrol kürzlich eine ablehnende Stellungnahme veröffentlicht hat, in der er Sicherheitsmängel moniert.
Sind deutsche Drohungen realistisch?Politisch dürfte eine Bewilligung des umstrittenen Verfahrens mehr zu reden geben. Im Aargau hat die Regierung ihre resolute Ablehnung des Verfahrens zwar etwas relativiert. Breit abgestützte Bürgerinitiativen wehren sich hier aber ebenso vehement wie das politische Establishment in Süddeutschland. Offenbar scheint man dort entschlossen, den gekröpften Nordanflug mittels einer Übernahme der Kontrolle im süddeutschen Luftraum zu verhindern. Bis anhin wird dieses Gebiet aus der Schweiz von Skyguide betreut.
Sollte dieser mehrmals angedrohte Schritt effektiv in die Tat umgesetzt werden, müsste laut den Regeln der internationalen Zivilluftfahrtorganisation ICAO bei Endanflügen auf Zürich eine Mindestdistanz von 2,5 nautischen Meilen oder 4,6 Kilometern zur Grenze eingehalten werden. Damit wäre der gekröpfte Anflug nicht mehr möglich (siehe Karte). Ob die Drohungen mit diesen «Luftraum-organisatorischen Massnahmen» ernst zu nehmen sind, ist umstritten. Experten werten einen solchen Schritt als diplomatischen Affront, allerdings war schon die Verhängung der einseitigen deutschen Verordnung mit ihren Überflugverboten kein freundnachbarschaftlicher Akt.
VFSN-Präsident Thomas Morf hält die Drohungen für unrealistisch. Er hofft, dass man sich in Bern vom Säbelrasseln von deutscher Seite nicht beeindrucken lässt. Der Bürgerprotest Fluglärm Ost seinerseits kritisiert den hohen Zeitbedarf des Bazl für die Sicherheitsabklärungen. Derweil stünden unabhängige Sicherheitsüberprüfungen für die längst eingeführten zusätzlichen Ostanflüge noch immer aus.