Pascal Hollenstein
Zwei Wochen nach der Abstimmung im Kanton Zürich über die Plafonierungsinitiative kommt nun offenbar Bewegung ins Flughafendossier. Der Bundesrat hat am Freitag eine Aussprache zum weiteren Vorgehen in den Gesprächen mit Deutschland über die bestehenden Restriktionen bei den An- und Abflügen auf den Flughafen Zürich geführt. Dies bestätigt auf Anfrage der Sprecher des Departements für Umwelt, Verkehr und Kommunikation (Uvek), André Simonazzi. Weitere Angaben will Simonazzi nicht machen.
Wie verlässliche Quellen bestätigen, befasste sich die Landesregierung mit einem Aussprachepapier, das Verkehrsminister Moritz Leuenberger und Aussenministerin Calmy-Rey gemeinsam vorgelegt haben. Bei dem Papier handelt es sich um ein sogenannt «grünes» Geschäft, das besonderer Geheimhaltung unterliegt.
Inhaltlich habe es sich bei dem Aussprachepapier um eine knappe Auslegeordnung der bisherigen Gespräche mit Deutschland gehandelt, heisst es in bundesratsnahen Kreisen. Die Schweiz versucht seit Jahren, mit Deutschland Verhandlungen über die An- und Abflüge auf Zürich aufzunehmen, nachdem Deutschland einseitig den Luftverkehr über sein Gebiet eingeschränkt hat. Zuvor hatte das Parlament einen von Leuenberger ausgehandelten Staatsvertrag abgelehnt.
In dem Aussprachepapier von Leuenberger und Calmy-Rey werden nun neue Ansätze ausgelotet, um mit Deutschland zu einer Einigung zu kommen. Aussenministerin Calmy-Rey schlägt dabei vor, weitere Dossiers mit ins Spiel zu bringen, um Deutschland Zugeständnisse im Luftverkehr abzuringen. Konkret nennt Calmy-Rey dabei Angebote im Strassenbereich. Zu denken sei dabei an die deutsche Autobahn 98, deren Verlängerung von Rheinfelden bis Tiengen das von Fluglärm betroffene Waldshut vom Durchgangsverkehr entlasten soll. Von deutscher Seite wurde hierbei verschiedentlich eine Weiterführung an die Bodensee-Autobahn 81 gefordert. Der kürzeste Weg, um diese Strecke zu überbrücken, führt durch den Raum Schaffhausen / Zürcher Weinland.
Das Aussendepartement erhoffe sich, mit einem konkreten Strassenangebot aus der bisherigen Luftverkehrs-Logik ausbrechen zu können, sagt ein mit dem Dossier vertrauter Beamter. Nur so sei das bisherige deutsche Desinteresse an Verhandlungen zum Anflugregime zu überwinden.
Leuenberger selber will gemäss Aussprachepapier dagegen prioritär auf der Luftverkehrsebene verhandeln. Dabei soll etwa eine Pistenverlängerung in Zürich und eine damit verbundene Neuordnung der Anflüge in die Waagschale geworfen werden. Entsprechende Varianten sind im Rahmen des Sachplans Infrastruktur Luft (SIL) bereits in Diskussion. Zusätzliche Angebote sollen höchstens flankierend eingebracht werden. Laut verlässlichen Quellen begründet Leuenberger seinen Standpunkt mit den Erkenntnissen aus bisherigen Gesprächen mit der deutschen Seite. Berlin habe signalisiert, dass man eine Lösung im Aviatik-Bereich wolle, mit der auch das Land Baden-Württemberg einverstanden sei.
Dass Aussenministerin Calmy-Rey und Verkehrsminister Leuenberger in der Flughafen-Frage nicht am gleichen Strick zögen, sei nichts Neues, sagt ein Kenner des Dossiers zum Aussprachepapier. Immerhin aber sei mit der Aussprache im Bundesrat wieder Bewegung ins Dossier gekommen. Zwar seien in der Aussprache keine konkreten Beschlüsse gefasst worden, heisst es in bundesratsnahen Kreisen. Ein hoher Beamter wertet aber die Tatsache, dass sich der Bundesrat nun aktiv um das Dossier kümmert, als Erfolg und bezeichnet die Besprechung als «Vorbereitung für ein Verhandlungsmandat».