Wie solls weitergehen in der Flughafenpolitik? Zu dieser Frage diskutierten am gestrigen 4. Jahrestag der Südanflüge fünf Politiker und «Oberschneiser» Thomas Morf. Es ging heiss zu und her.
Andreas Schürer
Vor vier Jahren trafen sich die Schneiser am Morgen. Um sechs Uhr empfingen sie auf dem Schulhausplatz in Gockhausen die erste Maschine, die über den Süden des Flughafens auf die Piste 34 zuflog, mit Fackellicht und gellenden Pfiffen. Gestern kamen die gelb gewandeten Schneiser abends zusammen, ebenfalls in Gockhausen. Zuerst prangerte Thomas Morf, Präsident des Vereins Flugschneise Süd - Nein, die Ungerechtigkeiten an, die den Schneisern in den letzten Jahren widerfahren seien. Die Rechtsverfahren würden verschleppt. Den Schneisern werde der Schnauf aber nicht ausgehen: «Wir werden weiter kämpfen, bis die illegalen Südanflüge definitiv abgeschafft sind.»
«Gekröpfter» gefordert
Der gekröpfte Nordanflug solle auf den Flugplanwechsel im Jahr 2008 eingeführt werden, forderte Morf. Für den «Gekröpften» machten sich auch die Politiker stark, die neben Morf auf dem Podium diskutierten: Doris Fiala, neu gewählte Nationalrätin und Präsidentin der Zürcher FDP, Urs Hany, Nationalrat CVP, Martin Bäumle, Nationalrat und Co-Präsident der Zürcher Grünliberalen, Martin Arnold, Kantonsrat SVP und Geschäftsführer des kantonalen Gewerbeverbands, und Ruedi Lais, Chef der SP-Kantonsratsfraktion. Ansonsten gingen die Meinungen der Referenten in der von Stephan Oehen geleiteten Diskussion vor rund 350 Zuhörern weit auseinander.
Unterschiedlich bewertet wurde namentlich, was am 25. November an der Abstimmung über die Flughafen-Vorlagen auf dem Spiel steht. Fiala sagte: «Den Leuten wird mit der Beschränkungs-Initiative Sand in die Augen gestreut.» Der Bund würde eine Plafonierung bei 250 000 Flugbewegungen nicht zulassen. Hany stimmte ihr bei und ergänzte: «Mir persönlich ist egal, wie das Volk entscheidet - entscheiden wird Bern. Im Kanton Zürich können wir uns aber zum Pistensystem äussern. Da müssen wir Einfluss nehmen, dass keine Änderungen zugelassen werden.»
Was hilft gegen Südanflüge?
Lais machte sich für die Plafonierungs-Initiative stark: «Das Volk muss das Heft in die Hand nehmen und den grössenwahnsinnigen Wachstumsphantasien einen Riegel schieben. Es soll kein zweites Grounding geben.»
Bäumle plädierte ebenfalls für die Plafonierung. Leider schaffe eine Beschränkung der Flugbewegungen die Südanflüge nicht direkt weg; nur diese Initiative könne aber die Chance am Leben erhalten, dass im Zusammenspiel mit dem gekröpften Nordanflug ein Anflugsystem ohne Südanflüge und zusätzliche Ostanflüge gefunden werden könne. Arnold hält das für falsch. Wer die Südanflüge bekämpfen wolle, müsse dem Gegenvorschlag zustimmen: Mit dem ZFI plus werde die Lärmbelastung in den Fokus genommen. Auch Fiala unterstützt diesen Gegenvorschlag, der neben einer Beschränkung der Bewegungen bei 320 000 einen Richtwert zur Begrenzung der Anzahl der vom Fluglärm betroffenen Personen vorsieht.
«Keinen Ballermann-Hub»
Morf sagt Ja zur Initiative und zum Gegenvorschlag: «Um ein Zeichen zu setzen, dass wir hier in Zürich keinen Ballermann-Hub wollen.» Er sage im Übrigen zu allem Ja, «das dem Flughafen einen ‹Gingg› ans Schienbein gibt, weil ich die Schnauze voll habe». Zweimal Ja sagen auch Bäumle und Lais, nicht mit Begeisterung, aber aus taktischen Gründen. Lais begründete: «Das Schlimmste wäre ein doppeltes Nein. Es wäre ein Signal für unbeschränktes Wachstum.» Hany, der genau für dieses doppelte Nein einstand, wehrte sich: «Unsere Haltung ist ehrlich: Sie gaukelt den Leuten nichts vor.» Er wiederholte: «Wir müssen übers Pistensystem Einfluss nehmen.»
Richtig emotional wurde es im Zelt, als Fiala die wirtschaftliche Bedeutung des Flughafens ins Spiel brachte. Der Flughafen sichere die Existenz zahlreicher Arbeitsstellen. Die Initiative gefährde den Wohlstand, sagte sie. Im Publikum brodelte es, und Bäumle nannte Fialas Votum «Stimmungsmache».
siehe auch:
Hitzige Diskussionen über die Flughafenpolitik (TA)