Ein Zeichen setzen gegen ein unbeschränktes Wachstum (Maurmerpost)

Publiziert von VFSNinfo am
Interview mit Thomas Morf und Martin Grossenbacher vom VFSN

Am 25. November wird über die Volksinitiative „Für eine realistische Flughafenpolitik“ abgestimmt. Südanfluggegner können hier ein Zeichen setzen, konkrete Konsequenzen würden sich aus der Abstimmung nicht ergeben, sagt VFSN-Präsident Thomas Morf. Bis Ende des Jahres wird der Bundesrat sich für die Anflugvarianten aufgrund der SIL-Vorschläge entschliessen. Der endgültige Entscheid fällt 2009.

Kirsten Moldenhauer

Am 25. November werden die Zürcher Wählerinnen und Wähler an die Urne gebeten. Es geht um die Abstimmung über eine Volksinitiative. Deren Wunsch ist es, die Flugbewegungen auf 250\'000 pro Jahr zu beschränken und eine Nachtruhe von neun Stunden einzuhalten. Ziel der Initiative kann es lediglich sein, den Kanton Zürich aufzufordern, sich für dieses Ziel - insbesondere in Bern - einzusetzen

Der Gegenvorschlag ZFIPlus Zürcher Fluglärmindex) stammt vom Kantonsrat. Dieser propagiert eine Nachtruhe von sieben Stunden. Erst wenn die Zahl von 320.000 Flugbewegungen überschritten wird, will er entscheiden, ob auf eine Beschränkung hingewirkt werden soll.

Vier Jahre für den VFSN
Seit 2002 setzt sich Thomas Morf gegen die Südanflüge ein, seit vier Jahren als Präsident des VFSN. Rund 1000 Stunden investiert er jährlich in diese Arbeit. Seinen Job als Vizedirektor bei einer Grossbank hat er aufgegeben und sich selbstständig gemacht, um mehr Zeit für die Lobbyarbeit zu gewinnen.

Maurmer Post: Der VFSN ist zusammen mit anderen Bürgerorganisationen Initiant der Volksinitiative „Für eine realistische Flughafenpolitik“. Was wollen Sie mit dieser Initiative erreichen?
Thomas Morf: Wir möchten ein Zeichen gegen ein unbeschränktes Wachstum setzen. Der Flughafen wird nie geschlossen und Flüge nie gestrichen werden, denn die Initiative als auch der Gegenvorschlag sind unverbindlich, beide setzen lediglich ein Zeichen – wenn auch ein wichtiges. Welche Anflugvarianten geflogen werden, wird der Bundesrat bis Ende diesen Jahres im Rahmen des SIL-Prozesses (Sachplan Infrastruktur Luftfahrt)  beschliessen. Neben dem Bund, den Kantonen Zürich und Aargau bestimmt auch Unique mit, was im SIL verankert wird. Als Basis für den SIL dienen Prognosen  die für 2030 rund doppelt so viele Flugbewegungen wie heute voraussagen. Zudem würde  in Spitzenzeiten alle 36 Sekunden ein Flugzeug in Kloten landen oder starten. Wenn man weiss, dass 80 % der Flüge Ferienflüge sind, so müsste das bedeuten, dass die Leute in 23 Jahren doppelt so viel Urlaub haben. Dies kann ich mir kaum vorstellen. Am 25. November haben wir die Möglichkeit ein Zeichen zu setzen. Politik und  Flughafenlobby sollen wissen, dass wir einen Flughafen wollen, aber einen Flughafen mit Vernunft.
 
MP: Was ist für Sie ein Flughafen mit Vernunft?
T. Morf: Vernunft ist für mich: Alles was in Zürich aus- oder einsteigt soll ungegrenzt sein. Das ist die Nachfrage der Schweizer Bevölkerung, der Wirtschaft und des Tourismus. Das bedeutet auch, dass niemand in der Schweiz auf seinen Ferienflug verzichten muss. Zusätzlich kann es ca. 15-20% Umsteigepassagiere geben. Das benötigt ein gesunder Flughafen und eine Airline. Es darf aber nicht sein, dass sich zwei private Firmen – Unique und die deutsche Swiss – auf Kosten der Allgemeinheit ungehindert ausbreiten und expandieren. Da sind zwingend Rahmenbedingungen zum Schutz der Allgemeinheit notwendig. Als Schreiner kann man auch nicht morgens um 6 Uhr die Hobelmaschine anwerfen.  Was nützt es der Bevölkerung und der Schweizer Wirtschaft, wenn  die Air Berlin in Zürich einen „Ballermannhub“ betreibt und von sieben Deutschen Destinationen Billigtouristen über Zürich in die Ferien fliegt. Zudem gibt es einige Anzeichen, dass die Lufthansa im Rahmen ihrer Multihub-Strategie plant, Zürich als Afrika-Hub aufzubauen. Das bringt mehr Starts, Landung, Dreck, Lärm  und selbstverständlich mehr Geld in die Kassen von Lufthansa und Uniqie.
 
MP: Aber bringt mehr Hub nicht mehr Arbeitsplätze?
T. Morf: Das ist definitiv nicht so. Fakten belegen, dass in den letzten zehn Jahren die Schweizer Produktion um 20 % stieg, während die Flugbewegungen um 8 % sanken (vgl. Grafik). Und obwohl die Swissair die interkontinentalen Flüge von Genf nach Zürich verlegte, stieg in Zürich in diesem Zeitraum die Arbeitslosenquote und in Genf fiel diese.
 
MP: Welche Motivation steckt hinter soviel Engagement?

T. Morf: Einerseits stört mich der Fluglärm persönlich. Andererseits beunruhigt es  mich extrem, wenn ich sehe, wie die Flughafenproblematik politisch und rechtlich abläuft. Wenn das die Art und Weise ist wie die Schweiz ihre Probleme in Zukunft lösen will, dann „guet Nacht am sächsi!“ Im Übrigen bin ich davon überzeugt, dass wir heute mehr Südanflüge hätten und der gekröpfte Nordanflug kein Thema wäre, gäbe es den VFSN nicht. Natürlich möchte ich auch meinen „Job“ erfolgreich beenden. Ich fühle und fühlte mich in der Verantwortung. Ein Aufsteller ist es auch, wenn die Schneiser zu unseren Veranstaltungen kommen. Am 30. Oktober findet beim Restaurant Tobelhof in Gockhausen eine Podiumsdiskussion zum Thema 4 Jahre Südanflüge – Wie weiter? statt. Mit drei National- und zwei Kantonsräten haben wir ein hochkarätiges Podium, das hoffentlich viele Schneiser und Gäste anzieht. Mit solchen Anlässen demonstrieren wir auch, dass unser Widerstand ungebrochen ist.

Maurmerpost, 26.10.2007