Von Edgar Schuler
London/Zürich. – Ernüchternd: In einer Standortstudie des weltweit tätigen Londoner Immobilienunternehmens Cushman & Wakefield ist Zürich innerhalb eines Jahres um drei Ränge auf Platz 13 zurückgefallen. Noch dramatischer sieht es im Langzeitvergleich aus: Seit 1990 – als die Studie zum ersten Mal durchgeführt wurde – hat Zürich sogar sechs Plätze verloren. Erstmals hat in der Rangliste Genf – der Konkurrent aus dem eigenen Land – Zürich in der Standortgunst überholt. In den letzten 17 Jahren haben sich ausserdem Barcelona, Madrid, Berlin, München und Mailand vor Zürich gesetzt. Unangefochten an der Spitze stehen dagegen die Weltstädte London und Paris. Frankfurt rangiert konstant auf dem dritten Platz. Die Rangliste beruht auf einer jährlich durchgeführten Befragung von 500 europäischen Unternehmen.
Andere werden immer besser
Abi Pranjes von der Zürcher Immobilienfirma SPG Intercity berät bürosuchende Firmen. Er arbeitet mit Cushman & Wakefield zusammen. Für ihn spiegeln die Resultate der Studie vor allem die Bemühungen anderer Städte um die Standortqualität: «Die anderen haben kräftig Boden gutgemacht.» Ausserdem sei es heute schwierig, in Zürich und Umgebung moderne Büroräume in geeigneter Grösse zu finden. «In Zürich kann es ein Jahr dauern, bis ein gutes Objekt zu finden ist, in London stehen in vielen Kategorien viele Objekte gleichzeitig zur Verfügung.» Neben dem – im Urteil der Unternehmen – Mangel an geeigneten Büros sind folgende fünf Faktoren für das immer schlechtere Abschneiden Zürichs verantwortlich:
- Personal. Dank der guten Wirtschaftslage wird es immer schwieriger, hoch qualifiziertes Personal zu finden – und das spricht sich schnell herum.
- Lohnkosten. Die Hochpreisinsel Schweiz ist eben auch eine Hochlohninsel, und das gibt unter europäischen Unter?nehmern einen schlechten Ruf.
- Mietzinsen. Auch was die Kosten für Büroraum angeht, hat Zürich einen schlechten Ruf, der Unternehmer abschreckt.
- Lebensqualität. Hier steht Zürich zwar immer noch weit oben. Aber im Urteil europäischer Unternehmer legen andere Städte eben kräftig zu: Barcelona, Madrid, Stockholm, München und Genf haben unterdessen mindestens so viel zu bieten wie Zürich. Dieser Punkt schmerzt besonders. Denn in der bekannten Studie der Unternehmensberatung Mercer hat Zürich bisher sechsmal den Spitzenplatz geholt. Das bedeutet aber offensichtlich nicht unbedingt, dass auch Entscheidungsträger das so sehen.
Bekanntheit ist zentral
Zunehmend besser sind die Noten dafür für die Politik. Zürich ist bei der Frage, in welchen Städten die Regierung für ein gutes Unternehmer-Klima sorgt vom neunten auf den siebten Platz vorgestossen. Eingeschlossen ist in dieser Frage das Steuerklima.
Zentraler Punkt bei der Interpretation der Studie ist die Frage nach der Bekanntheit der Städte als Firmenstandort. Hier ist auch die markanteste Veränderung zu beobachten: War Zürich vor 17 Jahren noch 64 Prozent der Befragten ein Begriff, sind es heute 44 Prozent – weniger als die Hälfte. Das ist auch der Ansatzpunkt von Willi Meier, Chef des Standortmarketings Greater Zurich Area: «Wir müssen vor allem an der Bekanntheit des Wirtschaftsraums Zürichs in der Geschäftswelt arbeiten. » Weiter wollte Meier die Ergebnisse gestern nicht interpretieren, da die Studie intern noch nicht ausgewertet sei.
Tages-Anzeiger, 09.10.2007
Kommentar VFSN: Flughafen? Der ist nicht das Problem, er kann es nicht sein, sonst wäre Zürich nicht von Genf überholt worden. Wie wäre es, wenn sich die staatstragenden Parteien um die wahren Probleme kümmern würden statt ihre Energie mit dem Kampf für einen unsinnigen Hub zu verschwenden? Und mit diesem Hub für deutsche Fluggesellschaften auch noch den letzten Trumpf von Zürich, die Lebensqualität zerstören?