Ständeratswahlen: Ueli Maurer, Felix Gutzwiller und Verena Diener eröffnen den Wahlkampf
Rechtsunsicherheit, raumplanerische Willkür und eine emotionalisierte Debatte schaden dem Wirtschaftsmotor Flughafen. Welcher Weg führt aus der schwierigen Situation heraus?
Maurer: Erstens ist die Plafonerungsinitiative abzulehnen, und der Gegenvorschlag mit dem Zürcher Fluglärmindex, dem ZFI, ist anzunehmen. Mittel- und längerfristig muss wieder über Norden angeflogen werden. Mit Deutschland sind Verhandlungen aufzunehmen. Der gekröpfte Nordanflug ist eine mögliche Untervariante. Möglichst viele Flugbewegungen sind über dünn besiedeltem Gebiet abzuwickeln. Das ist nach wie vor über Deutschland von Norden her. Daneben werden wir kaum darum herumkommen, dass auch über Süden und Osten angeflogen wird.
Gutzwiller: Dieser Meinung schliesse ich mich an. Die zuständigen Politiker müssen gegenüber Deutschland viel mehr Druck aufsetzen. Nimmt man einen durchschnittlichen Lärmwert von 60 Dezibel, sind in Deutschland knapp 1000 Leute von diesem Lärm betroffen. In der Schweiz sind es 200\'000 Leute. Das ist eine völlig ungleiche Verteilung des Lärms. In Stuttgart wäre ein derartiges Regime völlig inakzeptabel. Deshalb müssen Verhandlungen sofort aufgenommen werden. Der zuständige Bundesrat oder noch besser die Gesamtregierung müsste sich des Themas nun endlich wieder annehmen. Dabei sind Paketlösungen ins Auge zu fassen. Wir können die Schnellstrasse um Waldshut, den Lastwagenstau, die S-Bahn-Anbindung und anderes mehr einbringen.
Sind Sie gegen eine Beschränkung der Flugbewegungen?
Gutzwiller: Ich bin gegen die Plafonierung und für den Gegenvorschlag, also für den Fluglärmindex.
Diener: Es gibt ja zwei Plafonierungsebenen, eine bei 250\'000, die ich auch ablehne, und eine bei 320\'000 Bewegungen. Bewegungen sind aber die falsche Bemessungsgrösse, denn es geht um Lärm. Mit dem ZFI versuchte man ja, ein Instrument zu entwickeln, das der Lärmfrage und der Anzahl betroffener Menschen gerecht wird. Das ist der richtige Ansatz.
Wäre es nicht höchste Zeit für eine nationale Flughafenpolitik? Was werden Sie im Ständerat unternehmen?
Gutzwiller: Die Frage ist ja, ob es richtig ist, dass eine derart zentrale Verkehrsinfrastruktur eine kantonale Angelegenheit ist. Diese Frage ist legitim.
Maurer: Der Flughafen ist ein typisches Thema, das wir im Ständerat viel stärker einbringen müssen. Aber wir haben nun mal einen föderalistischen Staat. Es gibt auch noch Basel, Genf, Bern-Belp und Lugano. Diese Kantone wollen natürlich, dass die Flughäfen und -plätze kantonal bleiben weil sie
sich gewisse Vorteile erhoffen. Eine nationale Flughafenpolitik ist momentan jenseits aller politischer Realität. Trotzdem müssen wir uns als Ständeräte dafür einsetzen, dass der Bund die Interessen Zürichs besser vertritt.
Das wurde nicht gemacht?
Maurer: Auf Bundesebene wurde das eindeutig verpasst. Es ist halt ein Problem von Bundesrat Leuenberger: Er hat keine Affinität zum Flugverkehr.
Gutzwiller: Das Problem ist, dass in dieser Frage verschiedene Akteure und Einzelkämpfer auftreten. Ich werde alles daran setzen, die Landesregierung zum Handeln zu bewegen.
Frau Diener, sind Sie für eine Veränderung des jetzigen Pistensystems?
Diener: Es ist nicht opportun, zum jetzigen Zeitpunkt über eine Veränderung der Pisten nachzudenken. Denn damit spielen wir den Deutschen einmal mehr in die Hände. Sie werden sich darin nicht nur via Zeitfenster zu wehren versuchen, sondern sich auch für eine andere Ausrichtung des Flughafens starkmachen. Meine Herren: Es ist ein frommer Wunsch, zu glauben, dass Deutschland nun unsere Wünsche einfach so erfüllt. Wir sitzen derart am kürzeren Hebel. Es ist übrigens ausserordentlich schwierig, eine attraktive Paketlösung auszuarbeiten, die die Bereitschaft der Deutschen wiederherstellen konnte, mit uns über Nordanflüge zu sprechen. Wir müssen ins Moment an den 320\'000 Flugbewegungen, die das heutige Pislensystem erlaubt, in Kombination mit dein ZFI festhalten.
Maurer: Auch ich hin der Meinung, dass wir mit Pistenänderungen jetzt nichts präjudizieren dürfen, das unsere Position gegenüber Deutschland noch weiter schwächt. Doch dürfen wir auch keine Plafonierung auf 320\'000 Bewegungen festschreiben. (msc/dw)