Erneut Drohgebärden (TA)

Publiziert von VFSNinfo am
Die deutsche Bundesregierung will der Schweiz die Kontrolle über den deutschen Luftraum teilweise entziehen, falls der umstrittene gekröpfte Nordanflug eingeführt wird.

Von Wolfgang Messner

Kaum sind aus der Schweiz neue Signale gekommen, der gekröpfte Nordanflug werde weiter auf der Traktandenliste bleiben, folgen die Reaktionen aus Deutschland. Bundesverkehrsminister Wolfgang Tiefensee (SPD) droht der Schweiz mit «luftraumorganisatorischen Maßnahmen», wenn sie den Gekröpften einführt und dabei den Mindestabstand zur Grenze von 2,5 nautischen Meilen (4,6 Kilometer) nicht einhält. In diesem Fall werde Deutschland die Luftraumüberwachung unterhalb von 3450 Fuss (1150 Meter) übernehmen, heisst es in einer Antwort des Ministeriums auf eine Anfrage der südbadischen SPD-Bundestagsabgeordneten Rita Schwarzelühr-Sutter. Die sich aus der Anflugvariante ergebende übermäßige Lärmbelästigung für die deutsche Grenzregion sei «nicht hinnehmbar», sagte ein Ministeriumssprecher.

Entscheid Ende Jahr

Der gekröpfte oder abgeknickte Nordanflug auf Zürich-Kloten soll nach einem Antrag des Flughafenbetreibers Unique morgens von sechs bis sieben Uhr angesteuert werden, um den in diesen Zeiten vom Flugverkehr stark belasteten Süden und Osten von Zürich zu entlasten. Die Südanflüge auf Zürich sind Folgen der deutschen Verordnungen vom Oktober 2003. Seit damals darf in den frühen Morgenstunden und am Abend nicht mehr über deutsches Gebiet an- oder abgeflogen werden. Ausnahmen werden nur gemacht, wenn schlechtes Wetter Südanflüge verunmöglicht. «Deutschland hat wiederholt erklärt, dass Massnahmen gegen den Nordanflug vorhanden sind», sagte ein Sprecher des eidgenössischen Bundesamtes für Zivilluftfahrt (Bazl) heute in Bern. Fachleute des deutschen und Schweizer Verkehrsministeriums tauschen sich regelmäßig auf Fachebene über die Machbarkeit des gekröpften Nordanflugs aus. Voraussichtlich Ende des Jahres will die Behörde eine Entscheidung treffen.

Bollacher: Gekröpfter nicht fliegbar

Der gekröpfte Nordanflug ist nach Überzeugung des Waldshuter Landrats Tilman Bollacher «nur fliegbar, wenn die Maschine auf wenige hundert Meter an die deutsche Grenze heranfliegt». Wenn die Schweiz den international vorgeschriebenen Mindestabstand zur Grenze einhalten müsse, so ist sich Bollacher mit anderen deutschen Flugplatzgegnern sicher, sei der gekröpfte Nordanflug technisch nicht mehr machbar. Dann würden die Kurvenradien für die Maschinen zu eng. Das Schweizer Bundesamt für Zivilluftfahrt stimmt dieser Einschätzung aus Deutschland nicht ganz zu. Die Behörde hält den Anflug nur für «erschwert möglich».

Der Kreistag und die Stadt Waldshut sowie die Gemeinde Klettgau haben sich wie auch der Kanton Aargau aus Sicherheitsbedenken gegen den gekröpften Nordanflug ausgesprochen. Klettgau legte formal Einspruch in Bern ein. Bürgermeister Volker Jungmann verweist darauf, dass bei dieser Anflugvariante auch Atomanlagen überflogen werden müssten.

Tages-Anzeiger, 09.07.2007



Kommentar VFSN: 
  • Empfohlene Lektüre für Herrn  Bürgermeister Volker Jungmann: Dossier gekröpfter Nordanflug (insbesondere Seite 8)
     
  • Auszug aus dem Beschluss des Verwaltungsgerichtshof baden-Württemberg vom 24.Oktober 2002: 4.3.2.5 (Seite 21) Davon abgesehen hat die Antragstellerin im Parallelverfahren - 8 S 2210/02 - in ihrer Klage- und Anklageschrift Alternativen genannt, die sie - ohne gravierende Einbußen eigener Positionen  - für geeignet hält, die mit den Verordnungsregelungen angestrebten Umweltschutz- und Lärmminderungsziele zu erreichen. Denn sie hat ausgeführt, dass es drei Anflugverfahren - den „Side-Step-Approach“, das „continuous-descent-Verfahren“ und/oder den „gekröpften Anflug“ - gebe, die diese Voraussetzungen erfüllten.

    Für Nicht-Juristen: Der Verwaltungsgerichtshof hält die DVO unter anderem deshalb für rechtens, weil die Schweiz ihre Probleme mit dem „ gekröpften Anflug“ lösen könne. Die Schweiz setzt also nur um was ein deutsches Gericht empfiehlt. Wo ist das Problem?



siehe auch:
Deutsche Regierung schützt ihre Bürger (Leserbriefe TA)