An einem Politpodium in Dübendorf wurde einmal mehr deutlich, dass die Interessen von Wirtschaft und Bevölkerung weit auseinander driften.
Von Pascal Witzig
Dübendorf. – Am vergangenen Dienstag war im Dübendorfer «Hecht» die Luft im Saal nicht nur wegen des schönen Wetters heiss, denn es wurde über die künftige Flughafenpolitik debattiert. Konkret ging es um die kantonale Volksinitiative «Für eine realistische Flughafenpolitik» und um eine abgeänderte Form des ursprünglichen Gegenvorschlags des Kantonsrats, den «ZFI (Zürcher Fluglärm-Index) Plus». Die kantonale Volksinitiative sieht eine Begrenzung des jährlichen Flugverkehrs auf 250 000 Bewegungen vor und verlangt neun Stunden Nachtruhe. Der «ZFI Plus» verlangt, nachdem 320 000 Flugbewegungen überschritten worden sind, einen Entscheid von Regierungs- und Kantonsrat über eine Bewegungsbeschränkung. Dieser Beschluss unterläge dem fakultativen Referendum. Ferner soll in Zukunft die Zahl der vom Fluglärm stark betroffenen Personen auf 47 000 begrenzt werden. Es debattierten Ruedi Lais (SP), Martin Bäumle (GLP), Doris Fiala (FDP) und Filippo Leutenegger (FDP). Das Podium moderiert hat Oliver Fueter von Radio DRS. Filippo Leutenegger machte den Anfang; für ihn sei die ganze Debatte nicht eine Frage des Lärms, sondern der Verteilung. Der kanalisierte Flugverkehr über dicht besiedeltes Gebiet schaffe viele Lärmbetroffene. Fiala stärkte ihn in seiner Aussage und forderte die Ausrichtung nach Norden mit dem «gekröpften Nordanflug ». Lais kritisierte diesen Ansatz, denn man sei beim gekröpften Nordanflug auf den Goodwill Deutschlands angewiesen.
Ferner bemängelte er, dass es dann für den Norden zu stärkerem Fluglärm komme, mit einer Plafonierung auf 250 000 Bewegungen könne man dem entgegenwirken. Fiala meinte daraufhin, «die Anwohner des Nordens haben sich für ein Leben im Umfeld des Flughafens entschieden, der Süden und Osten jedoch nicht». Daraufhin ertönten laute Zwischenrufe aus dem Publikum, welches offensichtlich aus vielen Fluglärmbetroffenen bestand. Die Stimmung im Saal wurde angespannter, und Fialas Ausführungen wurden mehrmals durch wütende Zwischenrufe und hämisches Gelächter seitens des Publikums unterbrochen.
Gebremstes Wachstum als Gespenst
Nachdem sich die Wogen wieder leicht geglättet hatten, konzentrierte sich die Debatte auf die wirtschaftlichen Auswirkungen einer allfälligen Plafonierung auf 250 000 Flugbewegungen. Diese steht im krassen Gegensatz zu der vom Bund geforderten «Nachfrageorientierten Entwicklung » und wurde daher von Fiala und Leutenegger klar abgelehnt. Sie sprachen von möglichen Milliardenverlusten für die Wirtschaft. Lais versuchte dies zu relativieren, indem er eine Studie zitierte, wonach sich der wirtschaftliche Einfluss des Flughafens bei einer Plafonierung ebenfalls stabilisieren würde und keine Verluste entstünden. Bäumle sieht ferner keinen grossen Zusammenhang zwischen der Wirtschaft und dem Flughafen. Vielmehr lasse sich die wirtschaftliche Abhängigkeit der Region vom Flughafen verkleinern, falls die Flugbewegungen plafoniert würden. Für Lais drängte sich ferner die Frage auf, weshalb die Wirtschaft darunter leiden solle, wenn gemäss Schätzungen 85 Prozent aller Flüge der Ferienverkehr ausmacht und nur 15 Prozent der Businessverkehr. Lais: «Was bringt uns ein Ballermann- Hub, in dem deutsche Touristen auf dem Weg zum Ballermann umsteigen?»
Hitziger Flughafenstreit zwischen Ruedi Lais, Martin Bäumle, Gesprächsleiter Oliver Fueter, Doris Fiala und Filippo Leutenegger (von links).
BILD NATHALIE GUINAND
Tages-Anzeiger, 24.05.2007, Regionalteil Oberland, Seite 60
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