Flughafen Reaktionen auf Kantonsratsentscheid «ZFI Plus» ist äusserst umstritten
«ZFI Plus» nennt sich der Gegenvorschlag zur Volksinitiative «Für eine realistische Flughafenpolitik». Damit wird anstatt die jährlichen Flugbewegungen der Fluglärm begrenzt
Am Montag folgte der Kantonsrat mit 90:86 Stimmen dem Minderheitsantrag der SVP und FDP und sprach sich für den ursprünglich vom Regierungsrat vorgeschlagenen und nun erweiterten «ZFI Plus» (Zürcher Fluglärm-Index) als Gegenvorschlag zur Volksinitiative aus.
Das Volksbegehren, das im Herbst zur Abstimmung kommt, verlangt eine Plafonierung der Flugbewegungen bei 250 000 sowie eine strikte Nachtsperre von neun Stunden.
Der von der bürgerlichen Ratsmehrheit unterstützte «ZFI Plus» beinhaltet eine Nachtflugsperre von sieben Stunden. Zudem soll sich der Flughafen ohne Zustimmung der Bevölkerung nicht über jährlich 320 00 Bewegungen weiterentwickeln. Gleichzeitig wird der ZFI mitberücksichtigt. Der ZFI sieht vor, dass rund um den Flughafen höchstens 47 000 Personen starkem Fluglärm ausgesetzt sind. Würde dieser Richtwert überschritten, müssten Kantons- und Regierungsrat Massnahmen ergreifen, damit der Richtwert wieder eingehalten werden kann. Über eine Begrenzung der Flugbewegungen soll der Kantonsrat dann entscheiden, wenn die Zahl von 320 000 Flugbewegungen erreicht worden ist.
«ZFI Plus» unterstützt Flughafen
«Ich bin enttäuscht über den Entscheid des Kantonsrats», sagt Thomas Morf, Präsident des Vereins Flugschneise Süd - Nein (VSFN). Der ZFI sei so schwammig formuliert, dass man ihn nicht verstehe, erklärt Morf. «Wenn selbst die Mutter ihr Kind nicht versteht, wer dann?», sagt er und spricht damit Regierungsrätin Rita Fuhrer an, die an einer Pressekonferenz verlauten liess, dass sie mit dem Verständnis des ZFI Mühe habe. Der grösste Schwachpunkt im Regelwerk sei, dass bei leiseren Flugzeugen entsprechend mehr Flugbewegungen stattfinden würden. «Die Bevölkerung kann von leiseren Flugzeugen nicht profitieren - sie geht damit leer aus», erklärt der Präsident des VSFN. «Der ZFI unterstützt einzig die Interessen des Flughafens Kloten.»
Initiative rechtlich nicht umsetzbar
«Ich bin etwas überrascht», meint EVP-Kantonsrat Heinz Jauch. «Die EVP unterstützte den Gegenvorschlag der Verkehrskommission für Energie, Verkehr und Umwelt», sagt Jauch. Dieser Gegenvorschlag verlangt eine Plafonierung der Flugbewegungen bei 320 000 und eine Nachtruhe von sieben Stunden. «Dieser Eckwert hatte am runden Tisch Zustimmung erfahren. Auch der Dübendorfer Stadtrat orientiert sich an diesen Zahlen,» so Jauch. Er fürchtet, die Initiative könnte von der Stimmbevölkerung angenommen werden, da sie leichter verständlich sei als der ZFI. «Die Initiative ist rechtlich aber nicht umsetzbar. Das würde die Bevölkerung sehr frustrieren.»
«ZFI Plus wurde hingewurstelt»
Sein Kantonsratskollege Richard Hirt (CVP, Fällanden) hatte ebenfalls für den Gegenvorschlag der vorberatenden Kommission für Energie, Verkehr und Umwelt (Kevu) plädiert. Hirt findet den ZFI als Mentoringwert grundsätzlich gut, «er muss indes noch verbessert werden». Hirt moniert, der «ZFI Plus» sei unter Zeitdruck hingewurstelt worden und dementsprechend mangelhaft. Für die Volksabstimmung im Herbst sieht der Christdemokrat schwarz: «Die Volksinitiative hat an der Urne gute Chancen. Meines Erachtens würde eine Begrenzung der Flugbewegungen auf 250 000 pro Jahr den Flughafen abwürgen.»
Wahlkampf anstatt Inhalte
Peter Anderegg (SP Dübendorf) unterstützte als Mitglied der Kevu den Mehrheitsantrag und ist darüber enttäuscht, dass der Rat dem von der Kommissionsminderheit geforderten «ZFI Plus» gefolgt ist. In einem Votum hatte er vor der Abstimmung im Parlament darauf aufmerksam gemacht, dass ein Lärmindex auf der Basis des ZFI die Störung durchaus messen könne.
Allerdings habe er in der Kommission angeregt, Plafonierung und Fluglärm-Index zu trennen, woraus dann der Gegenvorschlag der Kevu entstanden sowie parallel dazu die Motion «Revidierter Fluglärm-Index» eingereicht worden sei. In der Motion wird der Regierungsrat beauftragt, den von ihm vorgelegten Fluglärm-Index als Überwachungsinstrument zu überarbeiten und ins Flughafengesetz zu integrieren. In der Begründung wird festgehalten, eine Trennung von Plafonierung und Lärmindex dränge sich auf.
«Allerdings liegen - bis auf die Initiative - alle Vorschläge inhaltlich nahe beieinander. Insofern wurde die Debatte im Rat in erster Linie zu Wahlkampfzwecken missbraucht», sagt Anderegg.
Thomas Maiers (GEU Dübendorf) Votum stiess auf taube Ohren. Er unterstütze den Mehrheitsvorschlag der Kevu, allerdings müsse dieser zwingend ergänzt werden mit dem grünliberalen Antrag, sagte Maier im Rat. Im Antrag wird gefordert, dass keinerlei Veränderungen am bestehenden Pistensystem vorgenommen werden dürften.
Keine Angst vor Abstimmung
«Ich habe für den ZFI Plus gestimmt, weil das meiner liberalen Haltung entspricht», erklärt Rita Bernoulli, FDP-Kantonsrätin aus Dübendorf. Damit falle sie weder der hiesigen Bevölkerung noch dem Dübendorfer Stadtrat in den Rücken, der die Behördeninitiative unterzeichnet hat. In der Behördeninitiative steht die Forderung nach einer Begrenzung von 320 000 Flugbewegungen und acht Stunden Nachtruhe. «Der ZFI Plus kommt sowohl dem Flughafen als auch den Bedürfnissen der Bevölkerung entgegen. Schliesslich würde beim Erreichen des Grenzwertes von 320 000 Flugbewegungen die Bevölkerung für weitere Schritte mit einbezogen. Das Argument, mit dem ZFI Plus werde den Anhängern der Volksinitiative in die Hände gespielt, da diese transparenter und griffiger ist als der ZFI Plus», lässt Bernoulli nicht gelten. «Die Bevölkerung sei fähig, den ZFI nachzuvollziehen. Sie sieht auch, dass mit der Volksinitiative die Entwicklung des Flughafens gebremst würde.»
Problem ist Südausrichtung
Ebenfalls zufrieden mit dem Entscheid des Kantonsrats zeigt sich Bruno Walliser, SVP-Kantonsrat und Gemeindepräsident von Volketswil. Der «ZFI Plus» entspreche dem Bedürfnis in der Bevölkerung: «In Volketswil wissen wir, dass einige unserer Betriebe vom Flughafen abhängig sind, deshalb haben wir auch nicht die Behördeninitiative unterzeichnet.» Volketswil setze sich, so Walliser, für das alte Flugregime ein, das nach Norden ausgerichtet war. «Im Kantonsrat mache ich mich für den gekröpften Nordanflug stark.»