«Ich bin für die ganze breite politische Mitte wählbar» (NZZ)

Publiziert von VFSNinfo am
Die Grünliberalen nominieren Nationalrat Martin Bäumle als Regierungskandidaten

Die Grünliberalen haben am Dienstag Martin Bäumle als Kandidaten für die Regierungsratswahl nominiert. In einem Gespräch am Rand der Versammlung äusserte sich Bäumle zu seinen Wahlchancen. Diese seien intakt, sagte er, da er für die breite Mitte wählbar sei.

Der Wähleranteil der Grünliberalen betrug in der Gemeindewahl in Zürich 2,7 Prozent. Reicht das für einen Anspruch auf ein Regierungsamt?
Martin Bäumle: Regierungsratswahlen sind Persönlichkeitswahlen. Monika Weber oder Alfred Gilgen haben es auch ohne grosse Partei im Rücken in Exekutiven geschafft. Zudem haben wir Grünliberalen zurzeit eine Regierungsrätin. Selbstverständlich treten wir an, um den Sitz zu verteidigen. Jede Partei braucht ein Zugpferd.

Zurzeit stürzen sich die Parteien auf die Umweltpolitik. Bleibt da noch ein Stück für Ihre Partei?
Das grosse Interesse am Thema nützt uns. Es gibt zurzeit keine andere Partei, die eine ökologisch nachhaltige und ökonomisch solide Politik betreibt. Wir haben schon heute die Antworten, nach denen andere noch suchen. Wir müssen die Mehrwertsteuer mittelfristig abschaffen und dafür Ressourcen besteuern. Unser Ziel ist es, mit marktwirtschaftlichen Mechanismen umweltpolitisch weiterzukommen.

Die kantonalen Wahlen im April entscheiden für die Grünliberalen über Sein oder Nichtsein. Wie wollen Sie die Fünfprozenthürde schaffen?
Die schaffen wir, das haben die Gemeindewahlen gezeigt. Wir verheimlichen nicht, dass wir uns auf den Wahlkreis Uster konzentrieren. Dort sind wir schon sehr bekannt. Die Erfahrung zeigt, dass Wähler durchaus strategisch vorgehen. Weil es für uns um viel geht, werden uns viele Wähler helfen und uns unterstützen.

Ihre zwei Kantonsräte politisieren kaum vernehmbar. Muss eine neue Partei nicht lauter auftreten?
Es ist für Einzelne im 180-köpfigen Kantonsrat schwierig, auf sich aufmerksam zu machen. Gemessen daran, dass die beiden keine Fraktion bilden, verschaffen sich Thomas Weibel und Thomas Maier viel Gehör.

Wie viele Mitglieder haben die Grünliberalen unterdessen im Kanton Zürich?
Zurzeit haben wir etwa 430 Mitglieder. Die Zahlen stiegen zu Beginn stark, unterdessen stetig. Die «alten» Grünen hatten lange Jahre etwa 900 zahlende Mitglieder. Wir wollten die Hälfte davon erreichen, das haben wir bald.

Die Grünen haben Martin Graf sozusagen als Anti-Bäumle-Kandidaten nominiert.
Ich habe damit gerechnet. Sicher hätte die grüne Bewegung insgesamt mehr Stimmen holen können, wenn sie den Wählern zwei sehr unterschiedliche Kandidierende präsentiert hätte. Die Grünen scheinen aber lieber keinen Vertreter in der Regierung zu haben als Bäumle.

Hand aufs Herz: Ihre Kandidatur dient doch vor allem dazu, Sie so bekannt zu machen, dass Sie den Grünliberalen im Herbst 2007 zumindest einen Sitz im Nationalrat sichern.
Nein. Ich habe Wahlchancen: Ich habe eine gewisse Bekanntheit. Zudem bin ich für Wähler aus der ganzen breiten Mitte wählbar, das gilt für ökologisch denkende Bürgerliche ebenso wie für fortschrittliche Linke.

Wie viel Geld geben die Partei und Sie privat für den Wahlkampf aus?
Die Kantonalpartei stellt für die Kantons- und Regierungsratswahlen 110 000 Franken bereit. Dazu kommen Beiträge von den Lokalparteien von hoffentlich 90 000 Franken. Ich persönlich steuere 20 000 Franken bei.

Interview: bto.


Grünliberale wollen nur eine Fremdsprache an der Primarschule

bto. Nach einer kontroversen Diskussion fassten die Grünliberalen am Dienstag an ihrer Generalversammlung im Technopark in Zürich die Ja-Parole zur Volksinitiative «Nur eine Fremdsprache an der Primarschule»; diese kommt am 26. November zur Abstimmung. Der Entscheid fiel mit 62 zu 35 Stimmen bei einigen Enthaltungen. Daneben nahmen die Teilnehmer von Positionspapieren zu den Themen Wirtschaft und Finanzen sowie Bildung Kenntnis.

Haupttraktandum des Abends waren aber die kantonalen Wahlen beziehungsweise die Nomination von Nationalrat Martin Bäumle als Kandidat für die Regierungsratswahl vom April. Die Versammlung folgte dem Vorschlag des Vorstandes ohne Gegenstimme. Kantonsrat Thomas Maier würdigte die Verdienste des 42-jährigen ETH-Chemikers Bäumle. Dessen Weitsicht lasse sich nicht zuletzt daran erkennen, dass er der Vater jener Idee sei, die jetzt in der Zürcher Flughafenpolitik als Durchbruch gehandelt werde: Bäumle hat als Kantonsrat 2002 ein Postulat eingereicht, das einen Plafond von 320 000 Flugbewegungen fordert.

Ein Teil des Abends gehörte Regierungsrätin und Gründungspräsidentin der Grünliberalen Verena Diener. Diese begründete ihren Rücktrittsentscheid, den sie ein Jahr lang erwogen habe. Die Last des Amtes habe auf ihre Schultern gedrückt. Die Grünliberalen würdigten ihren Einsatz mit Standing Ovations.

NZZ, 08.11.2006