Südanflug-Gegner im Abstimmungskampf Durch die Pistenverlängerungen am Flughafen Zürich versprechen sich die Südschneiser mehr Nachtruhe. Das führt zu unerwarteten Bündnissen – und Kritik aus den eigenen Reihen.
Raphael Meier
Dass sich der Verein Flugschneise Süd – Nein (VFSN) eines Tages Seite an Seite mit dem Flughafen Zürich im Abstimmungskampf wiederfinden würde, hätte wohl keine der beiden Parteien gedacht. Und doch ist das unverhoffte Bündnis nun – wo die Zürcher Stimmbevölkerung am 3. März über die Pistenverlängerungen abstimmt – Tatsache.
Um 400 Meter will der Flughafen Zürich die Piste 28 verlängern, um 280 Meter die Piste 32. Die Schneiser, die seit zwei Jahrzehnten gegen die Überflüge im Süden des Flughafens kämpfen, stellen sich dabei deutlich hinter ihren früheren Erzfeind.
«Keine Kapazitätssteigerung»
So deutlich, dass beispielsweise das flughafennahe Komitee Weltoffenes Zürich den VFSN kürzlich gar zur «Freude der Woche» erklärte. Denn die Südschneiser sagen «aus Überzeugung Ja» und engagieren sich aktuell sogar mit eigenen Informationsabenden für das Abstimmungsgeschäft.
So prangten die gelben VFSN-Plakate am Mittwochabend auch vor dem Rösslisaal in Stäfa, wo Präsident Urban Scherrer den etwa 30 Anwesenden die Haltung des Vereins erläuterte: «Aktuell wird von den Gegnern suggeriert, dass die Pistenverlängerungen die Kapazitäten des Flughafens erhöhen würden.»
Dies sei aber nicht der Fall. Insbesondere deshalb, weil das sogenannte Nordkonzept – bei dem Flugzeuge von Norden landen und Richtung Westen starten – die maximal möglichen Flugbewegungen vorgebe. «Es ist das mit Abstand leistungsfähigste und häufigste Regime», erklärte Scherrer. Da dieses durch das 250-Millionen-Projekt nicht ausgebaut werde, könne auch nicht von einer Kapazitätssteigerung gesprochen werden.
Stattdessen soll mit den Pistenverlängerungen nämlich das Ostkonzept, also die Anflüge aus dem Osten und Starts Richtung Norden, verbessert werden. Dieses kommt meistens abends zum Einsatz. «Je nach Wetterlage und Flugzeug muss derzeit aber relativ oft auf den Südanflug ausgewichen werden», sagte der VFSN-Präsident, «was für uns wiederum Lärm zu später Stunde bedeutet.»
Da eine verlängerte Piste 28 mehr Landungen aus dem Osten möglich machen würde, sollen die spontanen Umstellungen auf das Südkonzept gleichzeitig seltener werden. Der Flughafen selbst geht davon aus, dass sich die abendlichen Südanflüge somit um rund zwei Drittel reduzieren lassen.
Mit weniger Pistenwechseln erhoffen sich die Schneiser auch mehr Pünktlichkeit und Sicherheit. Klar ist jedoch auch, dass die ausbleibenden Ausweichlandungen für Gemeinden im Osten des Flughafens mehr Lärm bedeuten würden.
Das Nein-Lager im Abstimmungskampf zweifelt derweil die Aussagen des Flughafens an, dass die Pistenverlängerungen keine zusätzlichen Flugbewegungen zur Folge haben würden. Das Vertrauen der Südschneiser diesbezüglich konnte auch ein anwesender Stäfner an der Infoveranstaltung nicht nachvollziehen: «Für mich ist das nicht plausibel.»
Der VFSN-Präsident entgegnete ihm darauf: «Ich sage nicht, dass der Flughafen in Zukunft keine Kapazitätssteigerung plant.» Dies passiere jedoch über andere Wege – die Pistenverlängerung spiele dabei keine Rolle. Die Vorlage ziele bloss darauf ab, dass so geflogen werden könne wie geplant.
Unterstützung an der Goldküste
Scherrer erzählte auch: «Wir wurden schon angeschrieben, ob wir vom Flughafen geschmiert worden seien.» Natürlich sei es so, dass die Südschneiser in den letzten 20 Jahren nur selten der gleichen Meinung wie der Flughafen gewesen seien. «Heute aber ziehen wir am selben Strang – wenn auch aus unterschiedlichen Motiven», sagte er schmunzelnd. Um ein Geschenk an den Flughafen handle es sich dabei jedenfalls nicht. Die Südschneiser sind nicht die einzigen Unterstützer der Vorlage am rechten Zürichseeufer. So teilte die Gemeindekonferenz des Bezirks Meilen, das Gremium aller Gemeindepräsidenten, diese Woche mit, die Vorlage zu unterstützen. Die Pistenverlängerungen seien wichtig für die Region und könnten die belastenden Starts und Landungen nach 23 Uhr reduzieren.
Auch beim Fluglärmforum Süd – eine Behördenorganisation, der fast alle Gemeinden aus den Bezirken Meilen und Uster angeschlossen sind – erwartet man, dass durch die Pistenverlängerungen mit mehr Nachtruhe zu rechnen sei. Das Forum schreibt jedoch auch klar, dass es von den Verantwortlichen des Flughafens erwarte, dass die Pistenverlängerungen zu keinem Kapazitätsausbau führen dürften.