„Gesund sind sie ganz sicher nicht“, hat der hessische Wirtschafts- und Verkehrsminister Tarek Al-Wazir (Die Grünen) vor Beginn der Expertenanhörung zu ultrafeinen Partikeln an der Goethe-Universität in Frankfurt gesagt. Die vage Aussage ist nicht einem Informationsdefizit des Ministers geschuldet, sondern gibt den tatsächlichen Stand der wissenschaftlichen Erkenntnisse über die Wirkung dieser auch als Ultrafeinstaub bezeichneten Partikel wider, die so klein sind, dass sie sich wie Gase verhalten. Die Einlassungen von Experten in den vergangene beiden Tagen bestätigten das.
So resümierte beispielsweise Emanuel Fleuti vom Flughafen Zürich, an dem das Thema schon seit 2011 bearbeitet wird, dass sich die dort gesammelten Messresultate derzeit im Hinblick auf den Gesundheitsschutz „überhaupt nicht interpretieren lassen“. Das führte er in seinen Schlussfolgerungen darauf zurück, dass die Messergebnisse von sehr vielen Faktoren abhängig seien, etwa von Größe und Konsistenz der Partikel, Messtechnik und Messprozedur, Tageszeit und Dauer der Messungen, vom Wind, der Nähe zum Verursacher und von möglichen Fremdquellen. Fleuti hält es deshalb für erforderlich, sich „vertiefte Kenntnisse“ über Ultrafeinstäube zu verschaffen.
Mehr Messstationen notwendigEine Expertengruppe, die im Auftrag des Umweltbundesamts an einem Forschungs- und Entwicklungsvorhaben mitgearbeitet hat, kommt zu ähnlichen Schlüssen: Um valide Aussagen über die Wirkungsweise von ultrafeinen Partikeln treffen zu können, müssten vor allem mehr Messstationen eingerichtet werden. Diese sollten kontinuierlich die Ultrafeinstaub-Konzentration verfolgen, wie das beispielsweise die vom Hessischen Landesamt für Naturschutz und Geologie in Frankfurt-Schwanheim eingerichtete Station tue.
Allerdings hat etwa das Bundesumweltamt schon 2013 darauf hingewiesen, dass sich nicht nur das Einatmen von Feinstaub negativ auf den Gesundheitszustand des Menschen auswirke, sondern auch das von Ultrafeinstäuben. Diese könnten sogar über die Lunge ins Blut eindringen.
Mit den Messungen des hessischen Landesamtes für Naturschutz, Umwelt und Geologie wird nach Auskunft seines Präsidenten Thomas Schmid nun erstmals eine Datenbasis geschaffen, um verbindliche Grenzwerte zu entwickeln. Ungeachtet dessen sei schon jetzt anhand der Messungen in der nahen Umgebung und auf dem Flughafen Frankfurt zu sagen, dass die südlichen Teile der Stadt von Ultrafeinstaubpartikeln tangiert seien, deren Ursprung im Flughafenbetrieb liege. Im ersten Bericht zur Ultrafeinstaub-Emission am Frankfurter Flughafen hatte das Landesamt im vergangenen Jahr noch den Bodenbetrieb am Flughafen im Verdacht, für erhöhte Werte beispielsweise in Schwanheim bei entsprechender Windrichtung zu sorgen.
Deutschlandweite Pionierarbeit
Nach dem nun vorgelegten zweiten Bericht gehen die Wissenschaftler des Landesamtes davon aus, dass nicht nur der Bodenbetrieb, sondern auch Flugzeuge im Landeanflug für erhöhte Werte von Ultrafeinstäuben am Boden sorgen. Die Messungen sollen Schmid zufolge schrittweise ausgeweitet werden, um schließlich sagen zu können, wie weit die ultrafeinen Partikel vom Flughafen in die Region hineingetragen werden. „Wir leisten deutschlandweit Pionierarbeit“, sagte Oliver Quilling, Landrat im Kreis Offenbach und Vorstandsmitglied des Forums Flughafen und Region. Das Forum hatte zusammen mit dem Landesamt, der Arbeitsgemeinschaft deutscher Fluglärmkommissionen und dem Umwelt und Nachbarschaftshaus in Kelsterbach zur Expertenanhörung geladen.
Thomas Jühe, Vorsitzender der Arbeitsgemeinschaften der Fluglärmkommissionen und Bürgermeister von Raunheim, zeigte sich „sehr erleichtert“ dass nun endlich die gesundheitlichen Auswirkungen der von Flugzeugen verursachten Abgase auf die Anrainer untersucht würden. Denn Fluglärmkommissionen seien durch das Gesetz nicht nur verpflichtet, die Auswirkungen von Fluglärm im Auge zu haben, sondern auch die der durch den Flugbetrieb erzeugten Luftschadstoffe.