Der Flughafen Zürich plant einen Kapazitätsausbau in der Nacht. Die Swiss kritisiert den Plan – und ein Politiker will ihn verhindern.
Der Flughafen Zürich eilt von Rekord zu Rekord. 2,6 Prozent mehr Passagiere nutzten ihn in den ersten vier Monaten des Jahres im Vergleich zur Vorjahresperiode. Nun will der Flughafen einen Ausbau. Nachts sollen mehr Flugzeuge starten. Der Flughafen hat dem zuständigen Komitee für die Slot-Koordination im April beantragt, zwischen 22 und 22.20 Uhr sechs neue Abflüge zu bewilligen. Die Kapazität zwischen 22 und 23 Uhr würde so von 36 An- und Abflügen auf 42 steigen.
Dabei hatte das Bundesamt für Zivilluftfahrt (Bazl) im Juli 2018 den Flughafen noch gerügt: Zwischen 22 und 24 Uhr komme es zu «teilweise erheblichen Überschreitungen der zulässigen Lärmbelastung». Damit diese nach 22 Uhr nicht weiter ansteigt, verbot das Bazl dem Flughafen die Vergabe neuer Landungen ab 21 Uhr und Starts ab 22.20 Uhr (siehe Box).
«Erst pünktlicher werden»
Während der Flughafen, die Germania, der Verband Swiss Business Aviation und die Vereinigung B.A.R., in der auch ausländische Airlines vertreten sind, dem Ausbau zustimmten, legte die Swiss ihr Veto ein.
Damit dürfte sie zwar auch ihre eigene Stellung verteidigen, könnten neue Slots doch an Mitbewerber gehen. Die Airline stelle sich aber nicht gegen eine «moderate Entwicklung entsprechend der Nachfrage», sagt Sprecherin Karin Müller. Es gehe darum, erst einmal den Betrieb pünktlicher zu machen. «Wir sind der Meinung, dass zusätzliche Kapazitäten, die etwa durch bauliche Massnahmen und Optimierungen entstehen, vorerst zur nachhaltigen Stabilisierung des Betriebs genutzt werden sollen», sagt Müller. «Die Sommermonate 2018 zeigten klar, dass der Luftraum und die Flughäfen in Europa am Limit sind und mit dem weiterhin steigenden Mobilitätsbedürfnis nicht mithalten können.» Letztes Jahr hatten etwa 20 Prozent der Abflüge von Zürich eine Verspätung von einer Viertelstunde oder mehr.
Mehr Verspätungen ab 23 Uhr?
Das schlägt sich in der Lärmbelastung nieder. Eigentlich gilt in Zürich ein Nachtflugverbot ab 23 Uhr. Bis 23.30 Uhr dürfen Verspätungen aber bewilligungsfrei abgebaut werden. Der Betriebsschluss um 23 Uhr werde denn auch fast nie eingehalten, sagt Thomas Hardegger, SP-Nationalrat und Präsident des Schutzverbands Zürich Flughafen. «2017 war das gerade einmal an zwei Tagen der Fall.» Zusätzliche Bewegungen dürften nicht bewilligt werden, bis der Betriebsschluss um 23 Uhr der Normalfall sei. «Der Flughafen soll zuerst den Tatbeweis erbringen, dass er die Regeln ernst nimmt, bevor er die Kapazitäten erhöht», so Hardegger.
Der Flughafen glaubt hingegen, dass die sechs zusätzlichen Starts keinen Einfluss auf die Pünktlichkeit haben. «Aufgrund unserer Analysen gehen wir davon aus, dass es ausserhalb der Wellenspitzen möglich ist, diese Flüge verspätungsfrei abzuwickeln», sagt Sprecherin Sonja Zöchling. Der Flughafen habe kein Interesse daran, zusätzliche Verspätungen zu generieren.
Flughafen blitzt mit Idee ab
«Es besteht eine zusätzliche Nachfrage nach interkontinentalen Verbindungen», sagt sie. Ein Aufbau in den Zeiten mit den meisten Flügen sei nicht mehr möglich. Ausserhalb gebe es aber noch «freie Kapazität für eine moderate Entwicklung». Der Flughafen halte sich an die rechtlichen Rahmenbedingungen.
Er scheiterte allerdings bei den Airline-Vertretern mit seiner Idee, die sechs neuen Starts für Langstreckenflüge mit mindestens 5000 Kilometern zu reservieren. Ob die neuen Slots nun an Kurzstreckenflüge gehen, ist unklar. Der Flughafen könne keine Stellung nehmen, weil ein Entscheid noch ausstehe, so Zöchling.
Für Thomas Hardegger wäre die Regel kein Trost. «Langstreckenflüge erzeugen mehr Lärm und provozieren weitere Zubringerflüge», sagt er. Kurzstreckenflugzeuge stiegen schneller und seien lärmgünstiger – «aber immer noch lärmig genug, dass ihre Zahl nach 22 Uhr nicht zunehmen darf».