Dass ein Politiker vom linken Seeufer in Sachen Fluglärm über dem Zürichsee vorprescht, lässt aufhorchen. Denn meist werden rechtsufrige Kantonsräte und Gemeindepräsidenten bei diesem Thema aktiv. Jonas Erni macht jetzt die Ausnahme. Im Zusammenhang mit dem Sachplan Infrastruktur der Luftfahrt (SIL) möchte der Wädenswiler SP-Kantonsrat zu den Südstarts Zahlen und Fakten vom Zürcher Regierungsrat erhalten.
SIL legt fest, wie sich der Flughafen Zürich entwickeln kann. Der im Herbst vom Bund präsentierte SIL 2 enthält Zündstoff, vor allem für die Gemeinden südlich der Abflugpiste 16. Von dort sollen nämlich in Zukunft bei Bise und Nebel die Jets geradeaus starten können.
Wie viele Südstarts?
Ernis mehrteilige Anfrage an den Regierungsrat fusst auf der Annahme, dass es die Südstarts bei Bise und Nebel schon seit fünf Jahren gibt. Wie oft wäre dann das Bisenkonzept angewendet worden? Wie viele Tage mit Nebellage hätten zu Südstarts geführt? Konkret will er erfahren, wie oft bei SIL 2 in den letzten fünf Jahren Südstarts über Uster, Küsnacht und Wädenswil geflogen worden wären.
Erni erwartet vom Regierungsrat, der für die Antworten drei Monate Zeit hat, auch eine klare Definition: «Welche meteorologischen Bedingungen müssen erfüllt sein, damit eine Bisenlage gegeben ist?» Ebenso interessieren ihn Angaben, um wie viele Dezibel sich der Fluglärm im von Südstarts geradeaus betroffenen Gebiet verändert.
Grosse Befürchtungen
Jonas Erni, der auch Stadtrat in Wädenswil ist, begründet seinen Vorstoss: «Ich bin Umweltingenieur, ich beschäftige mich schon länger beruflich und politisch mit Verkehrslärm, bisher aber hauptsächlich mit jenem von der Strasse.» Dass er nun auch beim Fluglärm aktiv werde, habe mit der Ungewissheit zu tun, was SIL 2 für das linke Seeufer bedeute. «Südstarts betreffen auch uns, es gibt in Wädenswil wegen des Fluglärms grosse Befürchtungen.» Er wolle mit seiner Anfrage Antworten, damit die Bevölkerung wisse, was auf sie zukomme.
«Wenn man die Zahlen hat, kann man auch abschätzen, wie sich die Südstarts auswirken, zum Beispiel auf die Lautstärke des Fluglärms am Boden», sagt Erni. Er sei skeptisch, wenn es um die Geräuschemissionen im Süden des Flughafens geht. Darum wolle er Fakten, bevor der Kanton SIL 2 in den Richtplan aufnimmt.
Kein Gegner aus Prinzip
Ein Gegner des Flughafens Zürich aus Prinzip sei er jedoch nicht. «Ich bin nicht für einen Entwicklungsstopp; ich stelle nur Fragen zu den Konsequenzen für die Bevölkerung südlich des Flughafens.» Eine Absprache im Stadtrat, insbesondere mit Stadtpräsident Philipp Kutter (CVP), der Vorstandsmitglied von Pro Flughafen ist, gab es keine. «Im Stadtrat ist bei überstädtischen Fragen jeder frei in seiner Meinungsäusserung», erklärt Erni.
Jetzt erwartet er genaue Zahlen in der Antwort des Regierungsrats, «nicht nur schön formulierte, wenig aussagekräftige Texte». Je nachdem, wie diese Zahlen ausfallen, werde er weitere Schritte unternehmen. «Dann müsste ich Verbesserungen bei SIL 2 verlangen», sagt er.