Andreas Schürer
Für die einen ist es um Schaumschlägerei gegangen, für die andern um ein bis nach Berlin hörbares Zähnefletschen: Der Kantonsrat debattierte am Montag über eine parlamentarische Initiative der SVP, mit der das Luftverkehrsabkommen mit Deutschland ins Visier genommen werden sollte. Der Erstunterzeichner, Claudio Zanetti (svp., Zollikon), verlangte, dass der Regierungsrat gegen den im Juni vom Nationalrat genehmigten Staatsvertrag das Kantonsreferendum ergreifen müsse.
Das Problem: Für die Einreichung eines solchen Referendums müssten sieben Kantone mitmachen – und am 10. Oktober läuft die Referendumsfrist bereits ab. Jean-Philippe Pinto (cvp., Volketswil) sagte deshalb: «Machogehabe ist nun fehl am Platz – der Kanton Zürich würde sich lächerlich machen.» Andere sprachen von zähneknirschender Zustimmung zum Kompromiss, die nötig sei, was Christian Lucek (svp., Dänikon) zur Aussage bewog: «Zähneknirschen wird in Berlin nicht bemerkt. Wir müssen die Zähne zeigen.» Statt die Faust im Sack zu machen, müsse ein Zeichen der Stärke gesetzt werden.
Allianz aus SVP und Grünen
Die guten Gedanken des Grünen mögen ihm unbenommen sein – sollten sie Wirkungen entfalten, könnte dies aber für Zürich fatal sein. Südbaden kämpft geschlossen für eine Beschränkung der jährlichen Anflüge auf 80 000. Im Staatsvertrag ist eine solche Plafonierung nicht enthalten. Dafür werden die Zeitfenster, die Südbaden Ruhe garantieren, ausgedehnt – ab 18 Uhr dürfte der Flughafen Zürich nicht mehr von Norden angeflogen werden. Weil dies Süddeutschland nicht genügt und dort starken Protest provoziert hatte, legte der Bundesverkehrsminister Peter Ramsauer (CSU) den Ratifikationsprozess auf Eis. Mit Spannung wird erwartet, wann und wie er nach den Bundestagswahlen vom kommenden Wochenende wieder aufgenommen wird.
Eine klare Vorstellung vom weiteren Umgang mit dem Staatsvertrag hat Gisela Splett, Lärmschutzbeauftragte der Baden-Württembergischen Landesregierung. «Es braucht Nachverhandlungen», sagt sie auf Anfrage. Die Regierung in Stuttgart fühle sich an den einstimmigen Beschluss des Landtags gebunden, in dem der vorliegende Vertrag als nicht ratifizierbar bezeichnet worden sei. Die Sorge sei gross, dass sich die Belastung in Südbaden verschlechtere, weil die Zahl der Bewegungen nicht plafoniert werde und die Flughöhen gesenkt würden. Nach der Bundestagswahl werde es in diesem Dossier wohl noch einige Zeit ruhig bleiben, sagt Splett. Doch dann müsse das Bundesverkehrsministerium das Heft endlich in die Hand nehmen.
«Schuss ins eigene Knie»
In der Debatte zuvor hatten alle Parteien ausser der SVP und der GP ähnlich wie Stocker argumentiert. Für Jörg Kündig (fdp., Gossau) ist der Preis für den Staatsvertrag hoch, eine bessere Lösung sei aber nicht in Sicht. SP und GLP nutzten die Debatte, um den Widerstand gegen Pistenverlängerungen zu bekräftigen. Und CVP-Sprecher Jean-Philippe Pinto schaffte es, trotz Ablehnung des SVP-Vorstosses wenigstens ansatzweise Zähne zu zeigen: «Der Ball liegt jetzt bei Deutschland. Nachverhandlungen darf es nicht geben.»
Kommentar VFSN: Für den Staatsvertrag sein, aber eine Pistenverlängerung ablehnen, das geht gar nicht!