Das deutsche Bundesland Baden-Württemberg ist an guten Bahnverbindungen mit der Schweiz interessiert. Das weiss man spätestens seit dem Treffen von Verkehrsminister Winfried Hermann mit Schweizer Parlamentariern im Frühjahr 2011. So erwartet Hermann insbesondere bei der Elektrifizierung der sogenannten Hochrheinlinie (Basel–Waldshut–Schaffhausen) eine Mitfinanzierung der Schweiz. Dem Vernehmen nach geht es um einen Beitrag der Eidgenossenschaft in der Höhe von 60 bis 100 Millionen Franken. Am 18. Januar soll dazu in Basel eine Besprechung zwischen Vertretern der Kantone Basel-Stadt und Schaffhausen, Baden-Württembergs und des Bundesamts für Verkehr (BAV) stattfinden.
Schweizer Steuergelder für Investitionen in deutsche Bahnstrecken sind angesichts der anhaltenden Konflikte zwischen den benachbarten Ländern zurzeit eine politisch heikle Geschichte. Das Luftverkehrsabkommen mit Deutschland, das jahrzehntelangen Streitereien um Fluglärm ein Ende bereiten sollte, wurde wegen des grossen Widerstands in Baden-Württemberg auf Eis gelegt. Deutschland kommt ausserdem bei den Neat-Zulaufstrecken seinen Verpflichtungen nicht nach. So verwundert es kaum, dass sich die Begeisterung der Schweizer Verkehrsministerin Doris Leuthard (CVP) für die Mitfinanzierung von Bahnausbauten in Süddeutschland in Grenzen hält.
«Wir können sie ein bisschen piesacken»
Insbesondere seit Deutschland das Luftverkehrsabkommen auf Eis legte, gibt es im Uvek Überlegungen, Deutschland gegenüber härter aufzutreten – zum Beispiel bei der Mitfinanzierung der Verbindung Zürich–München (Tagesanzeiger.ch/Newsnet berichtete). Oder eben auch bei der Elektrifizierung der Hochrheinlinie. Der Direktor des Bundesamtes für Zivilluftfahrt (Bazl), Peter Müller, erklärte im Herbst 2012 in der Verkehrskommission des Nationalrates wörtlich: «Wir können sie am Rande des rechtlich Möglichen bei der Bodenseesüdlinie mit den Güterbetrieben ein bisschen piesacken. Dort werden wir eine Baustelle einrichten, nehme ich an, die dann gewisse Wagen nicht mehr durchlässt.» Man könne auch Subventionen nicht sprechen, die man allenfalls für die Hochrheinlinie in Aussicht stelle.
Offiziell sagt das Uvek, man gehe davon aus, dass der Ratifikationsprozess des Fluglärmstaatsvertrags zwischen der Schweiz und Deutschland fortgeführt wird und darum kein Anlass bestehe für eine Blockierung von Geldern. Ein mehr oder weniger deutliches Indiz dafür, dass man Baden-Württemberg nicht entgegenkommt, solange Berlin in Sachen Fluglärm nicht einlenkt. Auf diese belastete Situation dürfte Leuthard auch den Schaffhauser Regierungsrat hingewiesen haben, als dieser letzten Mittwoch bei der Verkehrsministerin in Bern vorsprach. Denn laut Uvek-Sprecherin Annetta Bundi war auch die Hochrheinlinie ein Thema.
Schaffhauser und Basler sind für die Hochrheinlinie
Schaffhausen weibelt schon lange für den Ausbau dieser Linie, weil sie eine direkte und kürzere Verbindung nach Basel darstellt. Der Schaffhauser SP-Nationalrat Hans-Jürg Fehr machte darum schon 2011 in einer Interpellation Druck für eine Beteiligung. Im Rahmen der vom Bund finanzierten Agglomerationsprogramme wurde ein Teil der Elektrifizierung zwischen Schaffhausen und Erzingen (D) tatsächlich gesprochen. Nun hofft Baden-Württemberg auch für den zweiten Teil von Basel nach Waldshut auf Schweizer Gelder. Hinter den Kulissen ziehen Fehr und sein Ratskollege Beat Jans (SP, BS) die Fäden: «Ein Beitrag der Schweiz könnte helfen, die Beziehungen zwischen der Schweiz und Baden-Württemberg zu entspannen», sagt Jans.
Nächste Woche, wenn die Verkehrskommission des Nationalrats über die Bahnausbauvorlage (Fabi) berät, soll ein entsprechender Antrag eingebracht werden. Da weder Fehr noch Jans in der Kommission sitzen, wird ein Dritter diese Aufgabe übernehmen. Es ist eine heikle Übung, haben doch bei den Fluglärmberatungen im letzten Herbst Mitglieder wie Ulrich Giezendanner (SVP, AG) für eine härtere Gangart gegenüber Deutschland plädiert: Man dürfe keine weiteren Konzessionen machen, solange der Staatsvertrag nicht unter Dach und Fach ist, sagte er.