Privilegien abschaffen! (TA)

Publiziert von VFSNinfo am
Neun von zehn Menschen weltweit sind noch nie geflogen. Damit gehen die Klimaschäden des Flugverkehrs auf das Konto einer Minderheit, die durch die Welt jettet – zu Spottpreisen.   Nicht zufällig: Die Fliegerei geniesst Privilegien. So ist das Kerosin im internationalen Luftverkehr steuerbefreit. Zudem ist die Luftfahrt kein Bestandteil internationaler Klimaschutzabkommen; dies ist umso stossender, weil das Reisen über den Wolken dem Klima besonders stark zusetzt.

Eine glaubwürdige Klimapolitik muss mit diesen Sonderrechten deshalb aufräumen. Einen ersten Schritt dazu hat die EU auf Anfang dieses Jahres gemacht. Airlines, die in der EU starten oder landen, müssen ab einer gewissen Tonnage C02 eine Klimaabgabe zahlen. Die Neuerung setzt wichtige Anreize, etwa die Sitzauslastung zu erhöhen und weniger Umwege zu fliegen. In der EU ist das Projekt jedoch bereits wieder infrage gestellt. Die europäischen Fluggesellschaften, ohnehin im Gegenwind, klagen über einen Wettbewerbsnachteil gegenüber Airlines aus Nicht-EU-Staaten, weil das Fliegen in und über Europa teurer wird. Die Lufthansa zum Beispiel rechnet mit Zusatzkosten von 130 Millionen Euro für dieses Jahr. Die Folge davon sind höhere Ticketpreise.

Dass eine Insellösung im globalen Wettbewerb ungleiche Spiesse schafft, stimmt. Wahr ist auch: Der Klimawandel ist eine globale Herausforderung und erfordert deshalb, wo immer möglich, globale Lösungen. Allerdings, so zeigt die Erfahrung, sind weltumspannende Regeln schwer zu erlassen und noch schwerer durchzusetzen. Die Schweiz muss deshalb umso eindringlicher auf eine globale Lösung hinwirken; die nächste Gelegenheit bietet die bevorstehende UNO-Klimakonferenz in Doha.

Passiert nichts, sollte die Schweiz – die angestrebte Energiewende vor Augen – das Abgabensystem der EU übernehmen. Und auf Korrekturen hinwirken. Die Gelder aus der Abgabe sind nämlich nicht vollumfänglich zweckgebunden. Die EUStaaten könnten also versucht sein, damit ihre teils maroden Finanzen aufzupeppen. Die Abgabe muss jedoch gänzlich in den Klimaschutz fliessen. Ansonsten ist es um die Glaubwürdigkeit des Projekts geschehen.

Tages-Anzeiger, 23.11.2012, Seite 2: Kommentar Stefan Häne, Inlandredaktor, über die Fliegerei und den Klimaschutz




siehe auch:
Der Bund erwägt Klimaabgabe für Airlines (TA)