Umweltministerin Doris Leuthard hat heute nach einem Gespräch mit ihrem deutschen Amtskollegen Norbert Röttgen Berichte zurückgewiesen, wonach sich die Schweiz dem EU-Stresstest für Atomkraftwerke verweigert. Die Schweiz wolle nur nicht warten, bis die EU ihre Kriterien definiert habe.
«Wir müssen unseren Bürgerinnen und Bürgern schnell Antworten erteilen können, was die Sicherheit der bestehenden Reaktoren betrifft», sagte Leuthard. Sie schliesse jedoch nicht aus, dass die Schweiz ihre Kriterien anpassen könnte, sollte die EU andere Standards verlangen.
Sorgen bereiteten ihr eher die Vorschriften in anderen Ländern. Denn die EU diskutiere zur Zeit Vorfälle wie zum Beispiel Flugzeugabstürze. Sicherheitsbedingungen für solche Fälle genügten Schweizer AKW schon lange.
Auch Röttgen betonte die weitestgehende Übereinstimmung beim Vorgehen der beiden Länder zur Sicherheitsüberprüfung ihrer AKW. «Es sollen einheitliche Kriterien erarbeitet werden», sagte Röttgen. Gleichzeitig warte auch Deutschland nicht ab und überprüfe seine AKW bereits jetzt.
Verständnis für Schweizer Verkehrspolitik
Zuvor war Leuthard bei der Vorstellung der Schweizer Verkehrspolitik vor dem Deutschen Verkehrsforum auf viel Verständnis und gelegentlich sogar Neid gestossen. In ihrer Rede plädierte sie für einen koordinierten europäischen Bahnverkehr und kritisierte unter anderem die Verzögerungen beim deutschen Neat-Anschluss.
Wie in der Luftfahrt und im Strassenverkehr müssten nationale Barrieren auch auf der Schienen überwunden werden, sagte Leuthard. Die Neat zum Beispiel brauche funktionierende Anschlüsse im Norden und im Süden.
Deutschland habe sich zum Ausbau der Oberrheintal-Strecke vertraglich verpflichtet und müsse die Bevölkerung selber vom Projekt überzeugen. «Wir gehen unter Nachbarn und Freunden davon aus, dass Abmachungen eingehalten werden», sagte Leuthard.
In Deutschland blockieren zur Zeit noch über 170\'000 Einsprachen den Ausbau der für die Neat wichtigen Strecke Karlsruhe-Basel.
Knackpunkt Luftverkehr
Auch in der Luftfahrt müssten internationale Lösungen gefunden werden, sagte Leuthard. Das gelte zum Beispiel für den Fluglärmstreit mit Deutschland.
Sie gab zu, dass die Schweiz in der Vergangenheit die Befindlichkeiten der Bevölkerungen in der Schweiz und Deutschland zu wenig ernst genommen hat. Aber jetzt sollten die beiden Länder die Zukunft gemeinsam planen, mit Lösungen, die die Mobilität nicht behinderten.
Das Deutsche Verkehrsforum ist die Interessenvertreterin der deutschen Verkehrsträger. Mitglieder sind 170 Firmen, von international tätigen Grosskonzernen bis hin zu KMU.