«Heute würde ich es anders machen» (TA)

Publiziert von VFSNinfo am
Nach 15 Jahren im Zürcher Regierungsrat tritt Rita Fuhrer Ende des Monats vorzeitig von ihrem Amt zurück. Sie vertrat immer die harte Linie der SVP. Ihre Karriere führte sie beinahe bis in den Bundesrat.

Ihr letztes Amtsjahr war gleichzeitig ihr Schicksalsjahr: Im Frühjahr 2009 erkrankte Fuhrer an einer Lungenentzündung. Kaum genesen, wurde sie im Sommer auf einer Velotour von einem Auto angefahren. Sie brach sich mehrere Rippen und musste zweimal operiert wrden.

Mit der Rückkehr ins Amt gab sie ihren Rücktritt aus gesundheitlichen Gründen auf Ende April 2010 bekannt. Ende Jahr dann ein neuer Rückschlag: Fuhrer musste wegen eines bösartigen Tumors in der Brust operiert werden. «Das Leben hat sich mir heftig in den Weg gestellt», sagte sie damals vor den Medien.

Der Abschied fällt der 56-Jährigen sehr schwer, «vor allem, weil er nicht ganz freiwillig ist», sagte sie gegenüber der Nachrichtenagentur SDA. «Es sei ein Vernunftsentscheid.» Sie zeigte sich aber voller Hoffnung auf die Zukunft. «Ich war schon immer ein Stehauf-Männchen».

Fuhrer trat 1987 der SVP Pfäffikon ZH bei. 1991 kandidierte sie erfolglos für den Kantonsrat, rutschte aber 1992 nach, als der vor ihr platzierte Max Binder in den Nationalrat gewählt wurde.

Beinahe Bundesrätin

Als die SVP 1995 die weitgehend unbekannte Kantonsrätin ins Rennen um einen Regierungsratssitz schickte, gab ihr kaum jemand eine Chance. Die blonde «Lovely Rita», wie sie in der Öffentlichkeit genannt wurde, kam mit ihrer offenen und direkte Art beim Volk aber gut an und wurde gewählt.

In der Zürcher Exekutive übernahm Fuhrer die Sicherheitsdirektion und war zuständig für Polizei, Militär und Soziales. 2004 wechselte sie in die Volkswirtschaftsdirektion.

Im Jahr 2000 schaffte es Fuhrer beinahe in den Bundesrat. Die SVP- Fraktion des eidgenössischen Parlaments nominierte sie zusammen mit dem Thurgauer Roland Eberle als Nachfolgerin von Bundesrat Adolf Ogi. Das Parlament wählte dann allerdings den Berner Samuel Schmid, der nicht offizieller Kandidat war.

Anstrengungen in der Flughafenpolitik

Zentrale Themen in ihrer Amtszeit waren etwa die Asylpolitik, die Zukunft des Finanzplatzes Zürich und der Fluglärm. Fuhrer war stets bemüht, die verfahrene Flughafenpolitik voranzubringen. Sie brachte auch die Diskussionen mit Deutschland wieder ins Rollen.

Als Lösung des Problems präsentierte sie den Fluglärmindex ZFI, der die Lärmbelastung der Bevölkerung begrenzen sollte. Das Volk nahm ihn an der Urne zwar an, bereits ein Jahr später war die vorgegebene Anzahl vom Lärm betroffener Personen aber erreicht. Die Tauglichkeit des ZFI wurde zunehmend angezweifelt.

Fuhrer bezeichnet die Flughafenpolitik als einen ihrer grössten Erfolge. «Der ZFI ist ein Instrument, um den Fluglärm zu messen, und nicht, um ihn zu verhindern». Stolz ist sie auch auf die von ihr geschaffenen Grundlagen der Asylfürsorge.

In die Schlagzeilen geriet sie zweimal wegen Kompetenz-Rangeleien mit anderen weiblichen Exekutivmitgliedern. Als Sicherheitsdirektorin lieferte sie sich einen jahrelangen Streit mit der Stadtzürcher Polizeivorsteherin Esther Maurer (SP) um die Verteilung von Kompetenzen unter den beiden Korps.

Den damals erlittenen «Imageschaden» sei sie eigentlich nie mehr losgeworden, sagt Fuhrer: «Heute würde ich es anders machen».

2006 legte ein Streit zwischen Volkswirtschaftsdirektorin Fuhrer und Baudirektorin Dorothée Fierz (FDP) die ganze Zürcher Regierung lahm. Knackpunkt war die Frage nach der Kompetenz für die Planung des Verkehrs. Fuhrer überstand die Auseinandersetzung relativ unbeschadet, Fierz kostete sie das Amt.

Mutter mit 19 Jahren

Fuhrer wurde 1953 geboren und wuchs in Thal SG auf. 1972, mit grade mal 19 Jahren, wurde sie Mutter. Der Vater, Fredy Fuhrer, war damals 20 Jahre alt und Lehrling. Die junge Mutter hielt sich mit Nebenjobs und der Betreuung von Pflegekindern über Wasser und absolvierte eine kaufmännische Ausbildung.

Das Paar heiratete und bekam zwei weitere Söhne. Seit 1986 lebt die Familie in Pfäffikon ZH. Jetzt freut sich Fuhrer auf mehr Zeit mit den Enkelkindern. Vor allem werde sie sich jetzt diszipliniert um ihre Gesundheit kümmern, sagt sie. (bru/Luzia Schmid, SDA)

Tages-Anzeiger, 05.04.2010