Am Montag werden in der Flughafenpolitik wichtige Weichen gestellt. Der Kantonsrat muss zu drei Initiativen Stellung beziehen. Die Volksabstimmungen folgen im Herbst.
Oliver Steimann
Gleich in seiner ersten Sitzung nach den Sportferien widmet sich der Kantonsrat einem der heissesten Eisen der Zürcher Politik: dem Fluglärmproblem. Nicht weniger als drei Initiativen stehen zur Beratung an, welche den Gordischen Knoten mit unterschiedlichen Ansätzen lösen wollen. Hält man sich die flughafenpolitischen Grundsatzpositionen der Parteien vor Augen, sind die Fronten eigentlich geklärt - auf den zweiten Blick aber ist alles ein wenig komplizierter.
Besonders bei den bürgerlichen Parteien kann von einer einheitlichen Meinung innerhalb der Fraktionen keine Rede sein. Zwar werden die sogenannte «Fairflug-Initiative» und die Behördeninitiative I sowohl von der FDP wie auch von der SVP klar abgelehnt. Doch bei der Frage nach einem Verbot für Pistenausbauten (Behördeninitiative II) gibt es diverse Abweichler. Einer der prominentesten ist FDP-Fraktionschef Thomas Vogel (Effretikon). «Ich werde diese Initiative unterstützen», erklärt er auf Anfrage. Und er ist nicht der Einzige. Rund ein Viertel seiner 29 Parlamentarier umfassenden Fraktion werde Ja stimmen.
Interesse der Region zählt
Das Interesse seines von den Ostanflügen betroffenen Wahlkreises zähle in diesem speziellen Fall mehr als ein einheitliches Auftreten der FDP, so Vogel. «Ohnehin gibt es als Partei in der Flughafenpolitik keinen Blumentopf mehr zu gewinnen. Wie auch immer man entscheidet - irgendjemanden verärgert man dadurch immer.»
In der SVP steht man vor einem vergleichbaren Dilemma. Die Fraktion habe sich bei «Fairflug» und der Behördeninitiative I geschlossen für ein doppeltes Nein ausgesprochen, erklärt SVP-Flughafenpolitiker Lorenz Habicher (Zürich). «Diese beiden Vorlagen werden am 23. Februar keine Chance haben.» Doch beim Pistenbauverbot ringt auch die SVP vergeblich um Geschlossenheit. «Wir haben noch nicht definitiv entschieden, ober wir für diese Abstimmung einen Fraktionszwang verfügen», so Habicher. Die Fraktionsmitglieder aus den Bezirken Dielsdorf und Bülach stünden dieser Initiative positiv gegenüber. «Im Moment wird noch ausgelotet, wie man trotzdem ein Nein hinbekommen könnte.»
Einig ist man sich in den grossen Fraktionen, dass der Entscheid zu dieser dritten Vorlage sehr knapp ausfallen wird. Auch deshalb, weil die Befürworter durch flughafennahe Organisationen und den Verein Flugschneise Süd - Nein (VFSN) stark bearbeitet werden. Erstere wollen eine weitere Einschränkung des Flugverkehrs verhindern, letztere - allen voran VFSN-Präsident Thomas Morf - hoffen auf eine Entlastung des Südens durch einen zukünftigen Ausbau der Ostpiste 28. «Auch linke Ratspolitiker werden hier enorm unter Druck gesetzt», hat Thomas Vogel beobachtet.
«Zu viel Lobbying kann auch kontraproduktiv sein», gibt hingegen SP-Kantonsrätin Priska Seiler Graf (Kloten) zu bedenken. Zur «Fairflug-Initiative» sagt die SP Nein, zur Behördeninitiative I hingegen Ja - beides allerdings mit einigen abweichenden Stimmen. Klar zustimmen werden die Sozialdemokraten dem Pistenbauverbot. Seiler-Graf rechnet aber damit, dass gegen diesen Entscheid von bürgerlicher Seite das Referendum ergriffen würde, was eine Volksabstimmung zur Folge hätte. Relativ gelassen sehen die «Fairflug»-Initianten dem 23. Februar entgegen. Beat Menke vom Initiativkomitee weiss, dass diese Vorlage im Parlament durchfallen wird. Auch im Osten des Flughafens, wo das Volksbegehren lanciert wurde, sei von politischer Seite kein Wohlwollen zu spüren. «Die Auseinandersetzung mit unseren Ideen hat offenbar noch gar nicht stattgefunden.» Was der Kantonsrat beschliesse, sei zwar nicht ganz unwesentlich. «Aber das letzte Wort wird das Volk haben.» Ein Rückzug der Initiative stehe jedenfalls nicht zur Debatte.
Volksabstimmung im Herbst
Die eigentliche Entscheidung über die zukünftige Ausrichtung der Flughafenpolitik fällt damit wohl erst im Herbst. Als Datum für die Volksabstimmung ist der 27. September vorgesehen. «Es wird einen hässlichen Abstimmungskampf geben», prophezeit Priska Seiler-Graf schon heute.
Zürcher Unterländer, 20.12.2009
Kommentar VFSN:
"Es wird einen hässlichen Abstimmungskampf geben" prophezeit Priska Graf, Kloten, SP schon heute! Dabei hätte es ja ausgerechnet Frau Graf und Ihre Partei in der Hand, dies zu verhindern. Warum unterstützen sie eine Initiative die ein Recht verlangt, dass heute schon existiert? Die Antwort ist einfach, weil aus eogistischen Motiven verhindern werden soll, dass über Lösungen nachgedacht und diskutiert werden darf, bei denen weit über 15\'000 Menschen von Fluglärm über dem Immissionsgrenzwert verschont würden.
Nicht der Abstimmungskampf ist hässlich, sondern die Handlungsweise und die Motivation der Sympatisanten dieser Initiative.
Thomas Morf