Im Richtplan aus dem Jahr 1995 wurden daher die An- und Abflugwege im Nahbereich des Flughafens Zürich für die nächsten 25 Jahre grob festgelegt. Dieser Richtplan legt in seinem Teilrichtplan Verkehr die An- und Abflugwege so fest, dass diese im Norden bis Weiach und im Osten über die Stadt Kloten führen. Es gibt hingegen mit Ausnahme des sogenannten «left turn» ab Piste 16 keine An- und Abflugrouten über die Stadt Zürich und die Gemeinden der Bezirke Meilen, Uster und Pfäffikon. Dieser Richtplan, der weder Südanflüge noch Südabflüge geradeaus oder nach rechts über die Stadt Zürich vorsieht, ist für die Vertreter des Kantons im Unique-Verwaltungsrat wie für den Regierungsrat verbindlich. Die alleinige Gewichtung wirtschaftlicher Interessen an der ungeschmälerten Offenhaltung des Flughafens durch den Regierungsrat und seine Vertreter im Verwaltungsrat der Flughafen Zürich AG ist daher ein Verstoss gegen den Richtplan 1995. Eine Öffnung des Südens für Flugrouten müsste mit einer Richtplanänderung durch den Kantonsrat erfolgen.
Im engeren Bereich rund um den Flughafen Zürich leben rund 450 000 Personen. Dabei ist der Süden mit rund 47 Prozent aller Bewohner das dichtestbesiedelte Gebiet. Es folgt der Osten mit rund 89 000 Einwohnern. Daraus folgt, dass bei An- und Abflugrouten im Süden klar mehr Personen lärmbetroffen sind als bei Flugrouten im Norden und Osten. Ein wichtiges Anliegen der Raumplanung ist es, die Wohnqualität zu fördern. Wohngebiete sind mit schädlichen, lästigen Einwirkungen möglichst zu verschonen. Nachteilige Auswirkungen auf die natürlichen Lebensgrundlagen, auf Bevölkerung und Wirtschaft sollen vermieden und gering gehalten werden. Siedlungen sind also vor neuem Fluglärm zu schützen. Das heisst: keine neuen An- und Abflugrouten im Süden des Flughafens. Da der Norden und der Osten weniger dicht besiedelt sind als der Süden, drängt sich aus Gründen der Effizienz auch mit den deutschen Einschränkungen durch die DVO eine Lösung auf, die eine Landung von Norden oder mindestens von Osten her ohne Nutzung des deutschen Luftraums ermöglicht.
Die verfassungsrechtlich verlangte haushälterische Nutzung des Bodens zielt auf eine optimale räumliche Zuordnung verschiedener Nutzungen. Das Konzentrationsprinzip des Raumplanungsrechts verlangt, dass Siedlungen und Lärmquellen konzentriert angelegt werden, und verbietet die Streubauweise. Verschiedene Nutzungen sollen nicht durchmischt werden. Das Nachhaltigkeitsprinzip der Bundesverfassung verlangt das dauerhafte Erhalten natürlicher Lebensgrundlagen und ein ausgewogenes Verhältnis zwischen der Natur und der Beanspruchung durch den Menschen. Es ist mit dem Nachhaltigkeitsprinzip nicht vereinbar, den Fluglärm grossflächig wirken zu lassen. Verfassung und Gesetz erteilen damit der Verteilung des Fluglärms grundsätzlich eine Absage.
Das umweltrechtliche Vorsorgeprinzip besagt zudem, dass denkbare Belastungen durch überlegte Vorsorge nach Möglichkeit verhindert werden sollen. Daran anknüpfend hat das Bundesgericht im Hinblick auf den Flughafen Zürich im September 2004 festgehalten, dass die Zahl der Anwohner, die von Lärmeinwirkungen über den Immissionsgrenzwerten betroffen werden, möglichst klein zu halten ist. Zudem widerspricht das Bestreben, neben regelmässigen morgendlichen Landungen auch abendliche Anflüge über den dicht besiedelten Süden des Flughafens zu leiten, dem öffentlichen Interesse (BGE 1A.172/2004, E. 4.2). Auch wenn aus dem umweltrechtlichen Vorsorgeprinzip und dem Nachhaltigkeitsprinzip kein absoluter Anspruch auf Ruhe besteht, sind diese Prinzipien gerade für die Gemeinden im Süden des Flughafens ein wichtiges Argument gegen künftige An- und Abflugrouten über ihr Gebiet.
Christopher Tillman, Meilen/Zürich
Rechtsanwalt Christopher Tillman ist Partner bei Lutz Rechtsanwälten, Zürich. Er vertritt zahlreiche Beschwerdeführer aus dem Süden des Flughafens in ihren Rechtsmittelverfahren.