Das Bundesgericht ebnet mit einem Leiturteil den Weg für Lärm-Entschädigungen an Hausbesitzer beim Flughafen Zürich. Es hat die Beschwerde der Flughafenhalter abgewiesen und dem Eigentümer eines Hauses in Opfikon 150\'000 Franken zugesprochen.
(sda) Die Eidgenössische Schätzungskommission Kreis 10 hatte 2006 in einem Pilotverfahren drei Hausbesitzern aus Opfikon eine Entschädigung für die fluglärmbedingte Entwertung ihrer Liegenschaften gewährt. Sie war dabei von einem Minderwert ihrer Häuser zwischen 15 bis 17,5 Prozent ausgegangen. 15 weitere Hausbesitzer gingen leer aus.
Entschädigung leicht erhöht
Dem Besitzer eines Einfamilienhauses, das rund 2,7 Kilometer von der Südabflugpiste 16 entfernt liegt, wurden 140\'000 Franken zugesprochen. Dabei wurden die Kosten von 20\'000 Franken für Schallschutzmassnahmen angerechnet, die der Kanton Zürich und die Flughafenbetreiberin Unique übernommen hatten.
Das Bundesgericht hat diesen Fall als «Leading Case» ausgewählt und die Beschwerde der Flughafenhalter abgewiesen. Sie hatten sich der Lärmabgeltung widersetzt. Die Beschwerde des Hausbesitzers hat es teilweise gutgeheissen und die Netto-Entschädigung auf 150\'000 Franken plus Zinsen erhöht. Verlangt hatte er 280\'000 Franken.
Entwertung bestätigt
Mit ihrem Entscheid haben die Lausanner Richter die Entwertung der fraglichen Liegenschaft bestätigt. Die Überflüge seien zwar kein direkter Eingriff in das Grundeigentum. Die Flughafenhalter treffe indessen eine Entschädigungspflicht für die Verletzung des nachbarschaftlichen Rechts auf Abwehr übermässiger Lärmeinwirkung.
Die Entschädigung ist dem Hausbesitzer laut Bundesgericht als Kapitalleistung auszuzahlen. Die Schätzungskommission hatte die Entschädigung dagegen in jährlich zu leistende und später neu überprüfbare Teilbeträge aufgesplittet.
Rückschlag für Flughafen
Die Flughafenhalter hatten erfolglos argumentiert, dass ein schwerer und damit ersatzpflichtiger Schaden nur dann vorliege, wenn der Minderwert einer Liegenschaft mindestens einen Drittel betrage. Die Schätzungskommission ihrerseits hatte einen Minderwert von «deutlich mehr als 10 Prozent» verlangt. Massstab der Schätzungskommission relativiert
Das Bundesgericht hält dazu nun fest, dass «ein schwerer Schaden bei einem Minderwert von 10 Prozent nicht allein mit dem Hinweis auf das Schätzungsermessen verneint werden darf». Dies deutet darauf hin, dass mehr Hausbesitzer entschädigt werden könnten, als von der Schätzungskommission in den Pilotverfahren zugelassen.
Verworfen hat das Bundesgericht auch den Einwand von Unique und Kanton, wonach die Entschädigung erst beim Verkauf einer selbst genutzten Liegenschaft zu zahlen sei. Weiter muss bei der Bemessung der Entschädigung unberücksichtigt bleiben, ob die Lärmbelastung in Zukunft durch technische Massnahmen gesenkt werden könnte.
Total 18\'000 Entschädigungsforderungen
Bestätigt hat das Bundesgericht, dass das Modell MIFLU («Minderwert Fluglärm») für die Minderwertschätzung von Liegenschaften angewendet werden darf. Damit liesse sich rasch und gleichmässig eine Grosszahl von Fällen bewerten, was den Parteien wie auch der Rechtspflege entgegenkomme.
1998 hatten über 100 Hausbesitzer von Opfikon-Glattbrugg eine Klage gegen den Flughafen eingereicht. In den letzten Jahren wurden rund um den Flughafen Tausende weiterer Begehren erhoben. Die Vereinigung der Schweizer Flughäfen spricht von total 18\'000 Entschädigungsforderungen rund um den Flughafen Zürich. (Urteil 1E.15/2007 vom 8.2.2008; BGE-Publikation)
siehe auch:
«Zersplitterte und komplexe Fluglärm-Landschaft» (NZZ)