Sie werden von den Airlines temporär angestellt, ohne zusätzliche Sozialversicherungen und Kündigungsfrist - und zu billigen Konditionen: Leihpiloten. Auf diese Billig-Piloten setzt neuerdings Easyjet. Laut Informationen der «Schweiz am Sonntag» sitzen bereits drei Leih-Piloten in den Cockpits der britischen Airline. Die Leih-Piloten würden der Firma mehr Flexibilität geben, je nach saisonaler Nachfrage, wird die Sprecherin Christine Lépine zitiert. Vermittelt werden die Billig-Piloten vom internationalen Dienstleister Resource Group mit Schweizer Sitz in Steinhausen.
Der grösste Vorteil der Leih-Piloten sind die niedrigen Lohnkosten: Basierend auf den Aussagen eines Insiders erhalten die Piloten laut «Schweiz am Sonntag» bei Easyjet nur 80 Franken pro sogenannter Blockstunde. Pro Monat dürften sie höchstens 100 Stunden fliegen, der Maximallohn beträgt somit 8000 Franken. Bei einer Festanstellung, inklusive Pensionskassenbeiträge, wären es rund 10\'000 Franken.
Die irische Billig-Airline Rynair setzt bereits seit geraumer Zeit systematisch auf Leih-Piloten – und diese sind nun ins Visier der Koblenzer Staatsanwaltschaft geraten. Die deutschen Behörden ermitteln wegen Scheinselbstständigkeit gegen 51 Verdächtige, betroffen sind offenbar auch Verantwortliche von Ryanair. Die Behörden gehen davon aus, dass die Airline mit Leih-Piloten Geld sparen will.
Verunsicherung auch bei der Swiss
In einem Bericht von Ryanair für die New Yorker Börsenaufsicht von 2011 ist zu lesen, dass von 2344 Piloten 1694 als Leiharbeiter angeworben wurden – das sind über 70 Prozent. Doch im Bericht von 2012 fehlt diese konkrete Zahl plötzlich, sodass der Anteil der Fremdbeschäftigten nicht mehr erkennbar ist.
Jörg Handwerg von der deutschen Pilotengewerkschaft «Vereinigung Cockpit» sagte kürzlich, dass viele Piloten lediglich als Leiharbeiter für die irische Airline fliegen. Ryanair-Piloten seien «extrem ängstlich», so der Gewerkschafter und Pilot weiter. «Der Arbeitsmarkt für Piloten ist zurzeit sehr schlecht. Das heisst, wenn sie ihren Job verlieren, müssen sie damit rechnen, dass sie es sehr schwer haben, wieder irgendwo eine Anstellung zu kriegen.»
Verunsicherung herrscht auch bei den Piloten der Swiss. Mitte Mai hatte Swiss-Chef Harry Hohmeister gegenüber der «Schweiz am Sonntag» die Option von Leih-Piloten ins Spiel gebracht und erhöhte damit den Spardruck auf das eigene Personal: «Wir prüfen natürlich auch andere Optionen, wie zum Beispiel die Kooperation mit Piloten-Vermittlungsfirmen, von denen wir zuletzt häufiger kontaktiert wurden als noch vor ein paar Jahren», sagte Hohmeister.
Das miserable Geschäft mit der Fliegerei
Henning Hoffmann vom Pilotenverband Aeropers reagierte prompt: «Wir halten gar nichts von solchen Ideen. Sollte die Swiss auf auswärtige Leih-Piloten zurückgreifen, wäre das für die Firmenkultur und die Qualität sehr schädlich.» Oft würden solche Piloten kein Deutsch sprechen, was im Cockpit zu Kommunikationsproblemen führen könne und somit sicherheitsrelevant sei, hielt Hoffmann fest. Doch noch ist es nicht so weit. Es gebe keine Pläne, Leih-Piloten anzustellen, sagt Swiss-Sprecherin Susanne Mühlemann auf Anfrage von 20 Minuten.
Hintergrund der Sparübungen ist das seit Jahren miserable Geschäft mit der Fliegerei; tiefe Margen und hohe Ausgaben haben zu zahlreichen Groundings in Europa geführt. Nicht zuletzt deshalb ist der Pilotenmarkt zurzeit überschwemmt. Und eine Besserung ist nicht in Sicht.
Kommentar VFSN: Wie bitte? «Hintergrund der Sparübungen ist das seit Jahren miserable Geschäft mit der Fliegerei...» Und wir dachten immer die Luftfahrt sei der Jobmotor schlechthin!